BGH-Entscheidung

Anwaltskosten im obligatorischen Gütever-fahren nicht erstattungsfähig

Ob kleine Streitwerte oder Nachbarschaftsstreitigkeit: In vielen Bundesländern muss vor bestimmten Zivilprozessen ein Güteverfahren stattfinden. Dennoch entschied der BGH nun, dass die dafür anfallenden Anwaltskosten keine Vorbereitungskosten des Rechtsstreits sind.

19.08.2021Rechtsprechung

Zieht eine Partei für ein obligatorisches Güteverfahren nach § 15a des Einführungsgesetztes zur Zivilprozessordnung (EGZPO) einen Anwalt hinzu, sind dessen Kosten im späteren Rechtsstreit nicht vom Gegner zu erstatten. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil (v. 24.06.2021, Az. V ZB 22/20).

Es geht um die Fälle, in denen die Länder vor bestimmten Rechtsstreitigkeiten vorschreiben, dass der Kläger zunächst ein Güteverfahren betreiben muss. In manchen Bundesländern gilt das bis zu einem bestimmten Streitwert, in anderen für bestimmte Arten von Streitigkeiten. Ein Beispiel dafür ist das Nachbarrecht.

Um einen Nachbarschaftsstreit ging es auch in dem Verfahren aus Brandenburg, über dessen Kosten nun der V. Zivilsenat zu entscheiden hatte. Der Beklagte war zum Gütetermin nicht, die Kläger waren mit anwaltlichem Beistand erschienen. Im anschließenden Rechtsstreit wurden dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Antrag der Kläger aber, auch die Anwaltskosten für das obligatorische Güteverfahren festzusetzen, wurde nun vom BGH final abgelehnt.

Obwohl zwingend: Güteverfahren soll Prozess vermeiden, nicht vorbereiten

Der BGH schließt sich damit in dieser Streitfrage einer Mindermeinung in Rechtsprechung und Literatur an, indem er sich auf eine formale Position beruft. Die Spezialnorm des § 15a Abs. IV erkläre nur die Kosten der Gütestelle zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1, 2 ZPO, also gerade nicht die dort anfallenden Anwaltskosten. Und diese seien, so der BGH, auch keine Vorbereitungskosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO. Erstattungsfähig in diesem Sinne sind neben den Kosten der Einleitung und Führung eines Prozesses nämlich auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen.

Das obligatorische Güteverfahren aber solle, so nun der BGH, obwohl es zwingend vor dem Prozess stattfinden muss, einen späteren Prozess nicht vorbereiten, sondern gerade vermeiden. Beim obligatorischen Güteverfahren geht es darum, eine Einigung zu erzielen, die – gerade im Fall von Nachbarstreitigkeiten – den sozialen Frieden besser sichert als ein gerichtlicher Urteilsspruch, zudem auch um Entlastung der Justiz. Sinn der Sache sei also gerade, dass es keinen Rechtsstreit mehr gebe.

Damit überträgt der BGH seine Rechtsprechung zu freiwilligen Güteverfahren auf die obligatorischen Güteverfahren nach § 15a EGZPO. Dass man Letztere durchführen muss, um einen späteren Prozess überhaupt führen zu können, überzeugt den Senat nicht vom Gegenteil. Das obligatorische Güteverfahren bringe keinerlei Erkenntnisse oder sonstig Verwertbares für den späteren Rechtsstreit. Außerdem sei das Güteverfahren auch ohne Anwalt für Naturalparteien “in zumutbarer Weise zu bewältigen“. Natürlich stehe es jeder Partei frei, sich einen Anwalt zu nehmen, wie es §§ 25, 26 Schiedsgesetz vorsehen. Dessen Kosten aber müsse sie eben selbst tragen, auch wenn sie im späteren Verfahren gewinnt.