Bundestag beschließt IV. Bürokratieentlastungs-Gesetz
Mit vielen Einzelmaßnahmen will die Regierung Bürger, Wirtschaft und Verwaltung von Bürokratie entlasten. Jetzt muss noch der Bundesrat zustimmen.
Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. September 2024, den Entwurf der Bundesregierung für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV, 20/11306) angenommen. Zuvor hatte der Rechtsausschuss die Vorlage noch um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen erheblich ergänzt (20/13015). Für den Entwurf in geänderter Fassung stimmten die Regierungsfraktionen, dagegen stimmte die Gruppe Die Linke, die AfD-Fraktion enthielt sich.
Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Wirtschaft jährlich um rund 944 Millionen Euro entlasten. Die Bundesregierung führt zur Begründung des Gesetzentwurfs aus, dass „in Zeiten multipler Krisen, stockender Konjunktur und angespannter Haushaltslagen [...] die Beseitigung überflüssiger Bürokratie besonders dringend“ sei. Sie stellt den Gesetzentwurf in einen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zum Bürokratieabbau, etwa dem bereits verabschiedeten Wachstumschancengesetz.
In dem Gesetz ist u.a. vorgesehen, Formerfordernisse im Zivilrecht abzusenken, Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht zu verkürzen sowie für deutsche Staatsangehörige die Hotelmeldepflicht abzuschaffen. Ferner soll laut Entwurf eine zentrale Datenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung eingeführt werden. Im Einzelnen geht es vor allem um folgende Neuregelungen:
Digitalisierung in den Personalverwaltungen
Im arbeitsrechtlichen Nachweisgesetz sollen die Formerfordernisse gelockert werden. Damit solle es Unternehmen erlaubt werden, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren. Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen für Arbeitsverträge soll danach in Textform – z.B. per E-Mail - möglich sein, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält. Dieser Vorschlag wahre „das berechtigte Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ihre Arbeitsbedingungen im Streitfall einfach nachweisen zu können“, heißt es in der Begründung.
Ausgenommen von der Neuregelung sind die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, die in § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannt sind. „In diesen Bereichen ist die Beibehaltung der Schriftform zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich“, heißt es dazu. Das betrifft unter anderem das Bau-, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe sowie das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe sowie die Fleischwirtschaft.
Textform bei Überlassungsvereinbarungen zur Leiharbeit
Auch im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz soll künftig verankert werden, dass für Überlassungsvereinbarungen zwischen Ver- und Entleihern von Leiharbeitnehmerinnen und -nehmern die Textform ausreichend ist.
Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel Unternehmen, die Betriebsstätten vollständig in einen anderen behördlichen Zuständigkeitsbereich verlegen. Statt jeweils einer An- und Abmeldung bei der örtlichen Behörde soll künftig die Anmeldung im neuen Zuständigkeitsbereich ausreichen.
Zudem nahmen die Koalitionsfraktionen noch etliche Änderungen an Regelungen vor, die bereits im Regierungsentwurf vorgesehen waren. Verzichtet wird beispielsweise auf die vorgesehene Regelung, bei Flugabfertigungen Reisepässe digital auszulesen. „Insbesondere die während des Gesetzgebungsverfahrens vorgebrachten datenschutzrechtlichen Bedenken bedürfen weiterer Prüfung“, heißt es dazu.
Regelung zu modifizierten Aufbewahrungsfristen geändert
Mit Blick auf laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren wurde zudem die Regelung zu den modifizierten Aufbewahrungsfristen angepasst. Die verkürzte Aufbewahrungsfrist soll für Personen und Gesellschaften, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegen, erst mit einer Verzögerung von einem Jahr gelten. „Die Einschränkung dient dem Zweck, laufende Cum-Ex-Ermittlungsverfahren durch die als bloße Entbürokratisierungsmaßnahme intendierte Verkürzung der Aufbewahrungsfristen nicht zu beeinträchtigen oder zu erschweren“, heißt es dazu.
Ebenfalls angenommen wurde ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Darin kündigen die Fraktionen weitere Anstrengungen zum Bürokratieabbau an und fordern die Bundesregierung auf, diverse weitere Vorhaben in Angriff zu nehmen beziehungsweise zu prüfen.
Änderungen im Rechtsausschuss
Zwei Tage vor dem Beschluss im Bundestag, am 25. September, hatte der Rechtsausschuss den Gesetzentwurf noch um einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ergänzt. Die angenommenen Änderungen greifen Anregungen von Verbänden und des Bundesrates auf. Der Entwurf sieht in der geänderten Fassung nunmehr 74 statt 62 Artikel vor.
Zu den wesentlichen Änderungen gehört die Modernisierung der Bekanntgabe der Steuerbescheide und anderer Steuerverwaltungsakte. Künftig soll es den Steuerbehörden ermöglicht werden, Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitzustellen. Die bisher vorgesehene Einwilligung des Empfängers entfällt, stattdessen ist eine Widerspruchslösung geplant. Dadurch soll die Steuerverwaltung der Länder um schätzungsweise 116 Millionen Euro entlastet werden, da auf den Versand von 116 Millionen Briefen sowie den Druck von 6,2 Milliarden Blatt Papier verzichtet werden könne.
Ferner sollen Unternehmen durch Änderungen im Aktienrecht entlastet werden. So soll es künftig ausreichen, Unterlagen zu vergütungsbezogenen Beschlüssen auf der Hauptversammlung auf der Internetseite zu veröffentlichen. Eine Bekanntmachung soll dann nicht mehr nötig sein.
Stellungnahme des Bundesrats
Der Gesetzentwurf ist laut Entwurf im Bundesrat zustimmungspflichtig.
Der Bundesrat hatte in seiner vorherigen Stellungnahme den Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt. Der Entwurf gehe aber nicht weit genug und werde dem Entlastungsbedarf der Wirtschaft nicht gerecht. Ferner hatte die Länderkammer die Bundesregierung aufgefordert, „bereits getroffene Beschlüsse, wie beispielsweise jene im Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung, rasch umzusetzen“. Der Bundesrat unterbreitete in seiner Stellungnahme etliche Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf, etwa um weitere Schriftformerfordernisse abzubauen.
In ihrer Gegenäußerung hatte die Bundesregierung zugesichert, einzelne Punkte davon zu übernehmen – etwa die Textform bei Arbeitsverträgen. Außerdem hatte sie die Prüfung einzelner Vorschläge der Länderkammer angekündigt, andere aber direkt abgelehnt.
Weiterführende Links:
Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 11/2024 v. 29.05.2024 (zum Regierungsentwurf)
Stellungnahme Nr. 8/2024 (zum Referentenentwurf)
Nachrichten aus Berlin 3/2024 v. 8.2.2024 (zum Referentenentwurf)