Cannabis-Besitz

Handelsabsicht: Keine Bestrafung für Besitz in erlaubter Menge

Der große Senat des BGH duldet Eigenbesitz in erlaubter Menge neben Cannabis zum Handeltreiben; die Einziehung ist dennoch gestattet.

16.07.2025Rechtsprechung

Der Große Senat für Strafsachen des BGH hat zwei grundlegende Fragen zum neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG) beantwortet: Die erste betraf die Fallkonstellation, dass jemand Cannabis nur zum Teil zum Zwecke des Handeltreibens und zum anderen Teil zwecks Eigenkonsum besitzt. Eine Bestrafung wegen Besitzes komme nur dann neben dem Handelsdelikt in Betracht, wenn die Eigenkonsummenge für sich genommen die Strafgrenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG überschreite. Es sei demnach nicht erlaubt, Eigenkonsummenge und Handelsmenge zu addieren, um so zu einer gesonderten Besitz-Strafbarkeit neben dem Handeltreiben zu gelangen. Es sei allerdings zulässig, auch erlaubte oder straffreie Eigenkonsummengen § 37 KCanG einzuziehen, solange die Einziehungsanordnung verhältnismäßig bleibe (Beschl. v. 03.02.2025, Az. GSSt 1/24)).

Dem Vorlagebeschluss lag ein Verfahren zugrunde, in dem ein Mann in Frankfurt am Main insgesamt 27,48 Gramm Marihuana und 19,8 Gramm Haschisch mit sich führte. Die eine Hälfte der Drogen war zum Verkauf bestimmt, die andere Hälfte für den Eigenkonsum. Die Polizei stellte die Substanzen insgesamt sicher. Das LG Frankfurt sprach den Mann wegen Handeltreibens mit Cannabis schuldig.

Der 2. Strafsenat des BGH beabsichtigte jedoch zusätzlich einen Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis in Tateinheit mit dem Handeltreiben. Maßgeblich sei die gesamte besessene Menge ohne Differenzierung nach Verwendungszweck. Der 2. Strafsenat sah sich jedoch durch abweichende Auffassungen anderer BGH-Senate gehindert, so dass zum einen diese Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt wurde. In einer zweiten Vorlagefrage bat der 2. Strafsenat um Klärung, ob bei der Einziehung von Cannabis nach § 37 KCanG eine dem Eigenkonsum dienende und innerhalb der erlaubten Mengen liegende Teilmenge stets ausgenommen werden müsse.

Strafbarkeit des Besitzes bei gemischtem Eigenkonsum und Handelsabsicht

Der Große Senat führte zur ersten Frage aus: Ist das Cannabis teilweise zur Veräußerung und teilweise für den Eigenkonsum bestimmt, sei der Besitz ausschließlich anhand der Eigenkonsummenge zu beurteilen - die Addition von Eigenkonsummenge und Handelsmenge sei ausgeschlossen. Nur wenn die dem Eigenkonsum dienende Teilmenge für sich genommen die Strafbarkeitsgrenzen überschreite, könne neben dem Handelsdelikt eine zusätzliche Verurteilung wegen Besitzes erfolgen. Ansonsten scheide ein Schuldspruch wegen Besitzes neben dem Handelsdelikt unter konkurrenzrechtlichen Gesichtspunkten aus. Damit müsse auch das Tatgericht im Einzelfall genau feststellen, welcher Teil des Cannabis dem Eigenverbrauch und welcher der Veräußerung diente.

Zur Begründung verwies der Senat auf die Systematik des KCanG, das seit dem 1. April 2024 in Kraft ist. Es definiert sowohl erlaubte Besitzmengen (bis zu 25 Gramm in der Öffentlichkeit, bis zu 50 Gramm im privaten Bereich) als auch strafbare Überschreitungen (bei mehr als 30 Gramm außerhalb der Wohnung bzw. mehr als 60 Gramm insgesamt). Für die Kombination von Handeltreiben und Eigenkonsum gelte: Der Besitz von Cannabis sei ein Auffangtatbestand; dnn wer mit Cannabis Handel treibe, besitze es gleichzeitig auch. Der Besitz gehe daher in der spezielleren Tatvariante des täterschaftlichen Handeltreibens mit Cannabis auf, dessen Teilakt er sei. Nur, wenn die Grenzwerte für einen strafbaren Besitz zum Eigenkonsum überschritten wären, bestehe Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB. Auch der identische Strafrahmen für Besitz- und Handeltreibens-Tatbestände rechtfertige keine abweichende Betrachtung, da der Unrechtsgehalt des schlichten Besitzes geringer sei, was im Rahmen der Strafzumessung Beachtung finde.

Einziehung von Cannabis trotz erlaubter Eigenkonsummenge

In der zweiten Vorlagefrage schlug der Senat jedoch eine andere Richtung ein: Auch erlaubte Mengen zum Eigenkonsum könnten nach § 37 KCanG in der vorliegenden Konstellation eingezogen werden. Entscheidend sei hier, dass das Cannabis – unabhängig von konkreten Besitzgrenzen – in einem engen Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Tat stehe.

Hintergrund sei die Systematik des Einziehungsrechts: Die Vorschrift des § 37 S. 1 KCanG bestimmt, dass Gegenstände, auf die sich eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach dem KCanG bezieht, eingezogen werden können. Die Einziehung knüpfe damit – anders als die Straf- und Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände - nicht an abstrakte Gewichtsgrenzen, sondern an konkrete Gegenstände als unteilbare Einheiten an. Dies entspreche auch der Rechtsprechung zu anderen Deliktsbereichen, etwa der Geldwäsche. Eine Ausnahme von der Einziehungspflicht für legale Teilmengen sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Besitze etwa eine Person eine Haschischplatte oder einen Marihuanabeutel, die sie teils für den Eigenverbrauch und teils zur Veräußerung vorgesehen habe, so unterliege die gesamte Sache der Einziehung. Auch eine Aufbewahrung in separaten bzw. separierten Mengen ändere daran grundsätzlich nichts.

Gleichwohl betonte der Senat, dass die Einziehung stets im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach § 74f StGB zu prüfen sei. Das Tatgericht könne daher im Einzelfall – etwa bei minimalen Überschreitungen oder im Fall besonders schutzwürdiger Eigenverbrauchsmengen – eine Teileinziehung anordnen oder im Ausnahmefall ganz von der Einziehung absehen. Eine zwingende gesetzliche Vorgabe, Eigenkonsummengen aus der Einziehung auszusparen, bestehe jedoch nicht.