Cannabis-Legalisierung

Entwurf für Cannabisgesetz veröffentlicht – was steht drin?

Die Regierung will Cannabis teilweise legalisieren und stellt hierzu nun detaillierte Regeln für Anbau, Abgabe, Besitz, Konsum und Strafbarkeit auf.

18.05.2023Gesetzgebung

Der Entwurf für ein neues „Gesetz zur kontrollierten Abgabe von Cannabis“ oder kurz Cannabisgesetz (CannG) ist bei der LTO veröffentlicht worden. Die 84-seitige Fassung ist datiert auf den 28.04.2023. Dabei handelt es sich offenbar um die Fassung, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an die anderen Bundesministerien zur regierungsinternen Abstimmung weitergegeben hat.

Wie bereits im Eckpunktepapier der Regierung vom 12.04.2023 vorgestellt, basiert die teilweise Legalisierung von Cannabis auf einem Zwei-Säulen-Modell, sie soll also in zwei Schritten erfolgen: Der aktuelle Gesetzentwurf regelt die 1. Säule, den privater und gemeinschaftlichen, nicht-kommerziellen Eigenanbau (Club-Anbau) sowie den Konsum.

Mit dem im CannG gewählten Modell des Club-Anbaus ist Lauterbach von dem Koalitionsvertrag festgelegten Vorhaben, Cannabis bundesweit in lizenzierten Geschäften wie bspw. Apotheken anzubieten, abgewichen. Der Hintergrund: Dies könnte möglicherweise gegen bestehendes EU-Recht verstoßen. In Planung ist allerdings ein Gesetzentwurf zu einer zweiten Säule, dem „Regional-Modell“. In Modellregionen sollen Produktion, Vertrieb und Abgabe in Fachgeschäften ermöglicht werden. Der Online-Handel wird hingegen bereits mit dem aktuellen Gesetz gänzlich untersagt.

Das aktuell geplante CannG soll künftig den Umgang mit der Droge regeln und sie in strengen Grenzen legalisieren. Ziele sind (gem. § 1 CannG-E) die Eindämmung des Schwarzmarktes sowie die Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes und des Gesundheitsschutzes. Diesbezüglich sollen zum einen Aufklärung und Prävention gestärkt werden. Zum anderen soll die Qualität von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden.

Cannabis-Social-Clubs

Der berauschende Hanf soll künftig in sog. „Anbauvereinigungen“, auch „Cannabis-Social-Clubs“ genannt, angebaut und an die Mitglieder verteilt werden können. Nach § 6 Abs. 3 CannG-E ist der Konsum im Club selbst und im Umkreis von 250 Metern untersagt. Diese Clubs richten sich nach dem jetzt bereits bestehenden Vereinsrecht. Um Mitglied im Club zu werden, ist ein Mindestalter von 18 Jahren notwendig. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 CannG-E dürfen Personen, die zu einem „missbräuchlichen Konsum von berauschenden Mitteln neigen“, einen solchen Club nicht betreiben. Es sollen nur bis zu 500 Personen Mitglieder sein dürfen (§ 21 CannG-E). Die Mitgliedschaft in mehreren Vereinen wird nicht erlaubt. Die Clubs sollen sich über Mitgliedsbeiträge finanzieren.

Mitglieder über 21 Jahre können laut § 3 Abs. 3 CannG-E nur 25 g Cannabis pro Tag, maximal aber 50 g pro Monat zum Eigenkonsum anfordern. An Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren dürfen nur maximal 30 Gramm pro Monat mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent abgegeben werden. Neben den geernteten Blüten haben Mitglieder des Vereins auch die Möglichkeiten, maximal 7 Samen oder 5 Stecklinge im Monat für den Eigenanbau zu erhalten. Eine Weitergabe sowohl des „Genusscannabis“ als auch der Samen und Stecklinge an Dritte ist untersagt.

Dem aktuellen Entwurf zufolge unterliegen diese Social Clubs strengen Dokumentations- und Meldepflichten. So muss jeder Social Club jährlich nach § 16 Abs. 2 CannG-E einen detaillierten Meldebericht an die Behörde übermitteln und angeben, wie viel Cannabis erzeugt, abgegeben, vernichtet oder getauscht wurde. Der Entwurf stellt außerdem hohe Sicherungsmaßnahmen an die Clubs: Nach § 17 Abs. 1 CannG-E müssen Orte, an denen Cannabis erzeugt oder aufbewahrt wird, durch Zäune oder einbruchsichere Türen gesichert werden. Diese Regularien werden nach § 22, 23 CannG-E von den Behörden überwacht. Sie dürfen zur Erfüllung ihrer Aufgaben etwa Räumlichkeiten, Grundstücke und Autos betreten und durchsuchen.

Privater Eigenanbau, Konsum und Besitz

Der Eigenanbau ist in § 8 CannG-E geregelt. Nach Abs. 1 dürfen Personen ab 18 Jahren bis zu drei weiblich blühende Pflanzen pro Kalenderjahr anbauen. Bei Heranwachsenden unter 21 Jahren dürfen diese jedoch nur einen THC-Gehalt von maximal zehn Prozent aufweisen. Die Pflanzen müssen durch geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen vor Kindern und unbefugten Dritten geschützt werden. Außerdem darf der private Eigenanbau „keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen für die unmittelbare Nachbarschaft“ verursachen.

Der Verkauf und die Abgabe selbst angebauten Cannabis sind zwar verboten. § 8 Abs. 5 CannG-E erlaubt allerdings „die unentgeltliche, nicht-gewerbliche Abgabe von Cannabis aus dem privaten Eigenanbau an Personen ab 18 Jahren im Bereich der Wohnung oder des befriedeten Besitztums zum unmittelbar auf die Abgabe folgenden gemeinschaftlichen Eigenkonsum“.

Für den Konsum auf offener Straße gibt es strenge Regeln: Verboten ist er in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr. Außerdem darf man im Umkreis von 250 Metern zu Schulen, Kitas, Spielplätzen und Cannabis-Social-Clubs nicht kiffen.

Der Besitz von maximal 25 g Cannabis zum Eigenkonsum wird unabhängig von der Quelle der Herkunft erlaubt. Wer mehr Cannabis bei sich führen will, darf dies nur im Rahmen des kontrollierten Eigenanbaus oder eines Social-Clubs.

Strafbarkeit, Ordnungswidrigkeiten und Bundeszentralregister

Der neue strafrechtliche Grundtatbestand wird der § 41 CannG-E: Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, „wer unerlaubt mehr als 25 Gramm Cannabis besitzt, unerlaubt mehr als drei weibliche Pflanzen anbaut oder unerlaubt im Bereich der Wohnung Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen besitzt“. § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtmG) sieht bislang eine Strafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Allerdings sind auch Qualifikationen für gewerbsmäßigen Handel oder die Abgabe an Kinder und Jugendliche vorgesehen. Eine bloße Ordnungswidrigkeit liegt hingegen nach § 45 CannG-E vor, wenn man Cannabis versendet, für Cannabis wirbt oder beim Konsum nicht die Abstandsregeln wahrt. Bei Menschen, die an einer cannabisbezogenen Abhängigkeitserkrankung leiden, gibt es besondere Regeln, die im Einzelfall u.a. eine Strafmilderung versprechen, wenn man sich in Behandlung gibt.  

Nach § 52 CannG-E sollen Vorbestrafte einen Antrag stellen können, um vergangene Straftaten, die nun nicht mehr strafbar wären, aus dem Bundeszentralregister streichen zu lassen. Außerdem werden zu dem Zeitpunkt, an dem das Gesetz gilt, alle laufenden Strafverfahren und Ermittlungen zu Handlungen unter dem nun zulässigen Grenzwert beendet.

Ein heiß diskutiertes Problemfeld waren auch die THC-Grenzwerte im Straßenverkehr. Aktuell gelten sehr strenge Grenzwerte auf deutschen Straßen, was dazu führt, dass man auch Tage nach dem Konsum als fahruntüchtig gilt. Hierzu steht in § 24 CannG-E lediglich, die Zulässigkeit orientiere sich „ausschließlich an den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird die Auswirkungen der kontrollierten Abgabe von Cannabis (…) auf die geltenden Grenzwerte im Straßenverkehr auf wissenschaftlicher Grundlage evaluieren.“

Aufgrund einer Änderung des Bundesnichtraucherschutzgesetzes wird im Übrigen nicht nur das Kiffen, sondern auch das Zigarettenrauchen in Autos in Anwesenheit von Minderjährigen und Schwangeren verboten.

Wie geht es weiter?

Das aktuelle Gesetz könnte noch in der regierungsinternen Abstimmung geändert werden. Aus der Grünen- und FDP-Fraktion wurde bereits Kritik geäußert, die Regularien für die Social Clubs seien zu streng und würden das Ziel des Gesetzes konterkarieren. Nach der regierungsinternen Konsultation werden noch die mit dem Thema befassten Verbände angehört. Ein finaler Entwurf wird dann in den Bundestag eingebracht. Die Regierung plant, die Legalisierung noch dieses Jahr umzusetzen. Das Gesetz soll keiner Zustimmungspflicht durch den Bundesrat unterliegen – was wegen des heftigen Widerstandes der unionsgeführten Länder problematisch für die Realisierung des Gesetzes werden könnte. Das letzte Wort ist hier möglicherweise aber noch nicht gesprochen, die Länder könnten wegen den ihnen zugewiesenen Aufgaben auf eine Zustimmungspflicht bestehen. 

Die zweite Säule, der Verkauf in spezialisierten Läden im Rahmen einzelner Modellprojekte, soll erst in einem zweiten Entwurf geregelt werden. Das Modell soll über fünf Jahre erprobt und wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden. Ob es dazu überhaupt kommt, hängt laut Gesetzentwurf allerdings voraussichtlich noch von einer Notifizierung durch die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten ab.   

Im Entwurf heißt es außerdem: „Parallel setzt die Bundesregierung (insbesondere über die Auslandsvertretungen) ihre Bemühungen fort, für ihre Ansätze bei den europäischen Partnern zu werben“. Außerdem strebt sie an, „mittelfristig den einschlägigen EU-Rechtsrahmen zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.“ Vielleicht wird Deutschland dann ein Modell für eine EU-weite Legalisierung.