11.03.2025 | Mit dem Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Einführung einer Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten in der Strafprozessordnung“ des Bundesministeriums der Justiz v. 24.10.2024 wird eine an strafprozessualen Kriterien ausgerichtete anlassabhängige Vorratsdatenspeicherung (sog. „Quick-Freeze-Modell“) vorgestellt. Zwar soll mit der Einführung des "Quick-Freeze-Modells" nur ein kurzzeitiger, anlassabhängiger Eingriff für Strafverfolgungsorgane zur Bekämpfung der schweren Kriminalität geschaffen werden. Jedoch werden zwingende Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung nicht konsequent beachtet.
So kann die angenommene Löschung von „eingefrorenen“ Daten durch in der Praxis häufig vorkommende mehrfache Eingriffe umgangen werden. Dadurch kann sogar weitergehend ein umfassender Datenbestand von Verbindungs- und Standortdaten sämtlicher Nutzer bei Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen, entstehen. Das Fehlen einer fallbezogenen Zweckbindung für das „Auftauen“ solcher Datenmengen kann intensive Eingriffe in das Privatleben der Nutzer ermöglichen, was der Rechtsprechung zum Schutz der Grundrechte des Einzelnen auf eine unüberwachte, ungestörte Telekommunikation, der Wohnung und der privaten Lebensgestaltung sowie dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zuwiderläuft. Derartige Eingriffe betreffen auch den Beratungs- und Schutzauftrag der Rechtsanwälte und Verteidiger.
Mit dem Entwurf eines Gesetzes des Bundesrats zur Einführung einer Mindestspeicherung von IP-Adressen für die Bekämpfung schwerer Kriminalität (BT-Drs. 20/13748) v. 13.11.2024 wird weitergehend sogar eine anlassunabhängige, telekommunikationsrechtlich verankerte Dauerspeicherung von IP-Adressen und Portnummern für einen Monat zu Zwecken der Bekämpfung schwerer Kriminalität vorgeschlagen. Eine generelle Speicherpflicht bedeutet für die Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen, eine Inanspruchnahme, die über die von ihnen vertraglich zu erbringende Speicherung hinausgeht. Für Bürger bedeutet das eine Inpflichtnahme ihres Rechts auf Privatheit für die staatliche Kriminalitätsverfolgung. Einem solchen belastenden Eingriff stehen allerdings nicht die erforderlichen hinreichenden Kontrollen der weiteren Verwendung, das notwendige Verbot von Datenkombinationen sowie regelmäßige unabhängige Kontrollen gegenüber. Auch werden keine neuen Freiräume, keine erweiterte Transparenz und kein unmittelbarer Rechtschutz gegen Eingriffe geschaffen. Ein tragfähiges Modell, das der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung entsprechen könnte, ist damit auch hier noch nicht gefunden.
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie der Stellungnahme Nr. 7/2025 der BRAK.
Weiterführende Informationen
Gesetz zur Einführung einer Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten in der Strafprozessordnung“ des BMJ v. 24.10.2024
Bundestags-Drucksache 20/13748
BRAK-Kritik an Quick-Freeze-Verfahren, Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 1/2023
Kritik der BRAK an Quick Freeze findet Widerhall, Nachrichten aus Berlin | Ausgabe3/2023
Stellungnahme der BRAK 52/2022