Räuberische Erpressung

BVerfG zu Vermögensnachteil - Bestimmtheitsgebot verletzt

Weder das LG noch der BGH trafen Feststellungen zum Vermögensnachteil – die Strafurteile verletzen deshalb das Bestimmtheitsgebot, so das BVerfG.

02.06.2025Rechtsprechung

Das BVerfG hat entschieden, dass eine strafgerichtliche Verurteilung wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot gemäß Art. 103 Abs. 2 GG verstößt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter rügten insbesondere die unzureichenden Feststellungen zum Vorliegen eines Vermögensnachteils und hoben daher die Revisionsentscheidung des BGH auf. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an diesen zurückverwiesen, damit bestimmt werde kann, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil aufgehoben werden muss (Beschl. v. 09. 04.2025, Az. 2 BvR 1974/22).

Tat im Umfeld eines geplanten Tattoostudios

Dem verfassungsgerichtlichen Verfahren lag ein strafgerichtliches Urteil zugrunde, in dem ein Mann unter anderem wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Hintergrund war ein Konflikt über ein geplantes Tattoostudio, das ursprünglich vom später Geschädigten und einem weiteren Beteiligten betrieben werden sollte. Nachdem Letzterer wegen anderer Umstände festgenommen worden war, führte der Geschädigte das Studio allein weiter. Als der Mitbeteiligte eine Herausgabe des Studios verlangte, erklärte sich sein ehemaliger Geschäftskollege lediglich zur Abgabe seiner Anteile bereit, sofern die Rechte am Namen und Logo des Studios bei ihm verblieben.

In der Folge veranlasste der inhaftierte Mitbeteiligte mehrere Personen, – darunter den späteren Beschwerdeführer – den Tattoostudio-Besitzer mit Gewalt dazu zu bringen, eine Erklärung zu unterschreiben, dass dieser seine Beteiligung am Tattoostudio vollständig und bedingungslos übertragen wolle. Eine gegen das Urteil eingelegte Revision, in der unter anderem das Fehlen konkreter Feststellungen zu einem Vermögensschaden gerügt wurde, verwarf der BGH ohne nähere Begründung. Hiergegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde.

Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot nicht erfüllt

Das BVerfG hatte bereits im Januar dem Antrag auf einstweilige Anordnung stattgegeben, der Angeklagte wurde vorerst freigelassen (Beschl. v. 16.01.2025, Az. 2 BvR 1974/22). Nun folgt das Urteil: Die Verfassungsbeschwerde hält es ebenfalls für zulässig und begründet. Weder das landgerichtliche Urteil noch die Revisionsentscheidung des BGH genügten im Hinblick auf die Ausführungen zum Vermögensnachteil den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nach Art. 103 Abs. 2 GG.

Eine versuchte räuberische Erpressung setzt voraus, dass der Täter mit dem Tatentschluss gehandelt habe, das geschützte Vermögen seines Gegenübers zu beeinträchtigen. Dies sei jedoch nicht ausreichend dargelegt worden, es fehle es an der ausreichenden Beschreibung und Bezifferung von Vermögensschäden.

So fehlten etwa Feststellungen dazu, ob durch die erzwungene Geschäftsübergabe der wirtschaftliche Gesamtwert des Vermögens des bisherigen Besitzers gemindert worden sei. Konkrete Feststellungen zur Werthaltigkeit von Logo und Name des Tattoostudios, insbesondere etwaigen Markenrechten, fehlten ebenso wie Feststellungen zum Vorstellungsbild der Täter.

Darüber hinaus kritisierte das BVerfG, dass das LG auch etwaige Erwerbs- und Gewinnaussichten aus dem Betrieb des Studios, die nur unter engen Voraussetzungen als Vermögensbestandteil gelten könnten, nicht hinreichend ermittelt habe. Schließlich fehlten Ausführungen dazu, in welchem Umfang der Beschwerdeführer bereits getätigte Investitionen durch den Geschädigten und den Mitangeklagten für möglich gehalten habe und inwieweit von der Abtretung auch werthaltige Rechte umfasst gewesen sein sollen.

Allerdings hob das BVerfG nur die Revisionsentscheidung des BGH auf, nicht aber das landgerichtliche Urteil. Die Kammer hielt es für ausreichend, es dem BGH zu überlassen, ob und in welchem Umfang auch das Ausgangsurteil aufzuheben sei, um den festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen.