Missbrauchsverbot

Rüge der Prozessvollmacht darf nicht missbraucht werden

Wenn der Prozess verloren scheint, schnell noch die Prozessvollmacht des gegnerischen Anwalts rügen? Nein, das geht so nicht, so das KG Berlin.

26.09.2023Rechtsprechung

Wie alle Prozesshandlungen darf auch die Rüge der Prozessvollmacht nicht missbraucht werden, um den Prozess zu verzögern, so das Kammergericht (KG) Berlin. Der Verstoß gegen das Missbrauchsverbot führe dazu, dass es der Vorlage einer Originalprozessvollmacht nicht bedürfe (Urt. v. 02.06.2023, Az. 7 U 127/21).

In dem Fall ging es um die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von 100.000 Euro. Der Fall war bereits in der Berufungsinstanz und für die Klägerpartei sah es nicht gut aus: Das Gericht hatte bereits deutlich gemacht, dass die Berufung keine großen Aussichten auf Erfolg habe und die Beklagten wollten sich nicht auf einen Vergleich einlassen. Sie meinten, die Höhe der zu sichernden Werklohnforderung sei schon nicht schlüssig dargelegt. Daraufhin reagierte die Klägerin sinngemäß mit folgender Argumentation: Wenn die Beklagten so formalistisch vorgingen, werde sie selbst auch auf die Einhaltung der Form pochen und daher die ordnungsgemäße Vollmacht des Beklagtenvertreters rügen.

KG: Missbräuchliche Rüge bleibt ohne Wirkung

Das ließ das KG aber nicht durchgehen. Zwar könne die Rüge des Mangels der Vollmacht nach § 88 Zivilprozessordnung (ZPO) jederzeit erhoben werden. Wer aber – wie hier - mit der Rüge wartet, bis klar ist, dass Klage und Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben und auch ein Vergleich nicht in Betracht kommt, wolle nur den Rechtsstreit verzögern.

Dass es sich letztlich auch nur um eine Reaktion auf die Verweigerung des Vergleichs gehandelt habe, zeige auch die Begründung für die Rüge. Die Prozessvollmacht habe hingegen nicht ernsthaft in Zweifel gestanden. Schließlich habe sich das Verfahren bereits in der zweiten Instanz in der Hauptsache befunden und auch im vorherigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren über zwei Instanzen sei auf der gegnerischen Seite derselbe Anwalt aufgetreten. Die persönlich anwesenden Beklagten hätten im Berufungstermin sogar noch beteuert, dass ihr Anwalt von sämtlichen Beklagten bevollmächtigt sei.

Schlussendlich gab das Gericht der Klägerseite noch einen endgültigen Dämpfer: Selbst wenn die Rüge wirksam erhoben worden wäre, so hätten sie damit auch keinen Erfolg gehabt. Denn dann wäre zwar die Beklagtenseite säumig gewesen, doch mangels Schlüssigkeit hätte die Klägerin auch kein Versäumnisurteil bekommen, sondern die Berufung wäre dennoch zurückgewiesen worden.

Die Revision wurde nicht zugelassen.