Abmahnung per E-Mail

Zugang nur bei Öffnung des Anhangs

Eine als Dateianhang einer E-Mail versendete Abmahnung ist nur dann zugegangen, wenn der Empfänger den Anhang tatsächlich öffnet, so das OLG Hamm.

08.04.2022Rechtsprechung

Das OLG Hamm hat eine in den sozialen Netzwerken unter Anwältinnen und Anwälten vielbeachtete Entscheidung getroffen: Die Richter in Hamm erachteten eine einstweilige Verfügung als zu Unrecht erlassen, da dem Empfänger eine zuvor per E-Mail übersandte Abmahnung nicht zugegangen sei. Wenn ein Abmahnschreiben nämlich bloß als Dateianhang zu einer E-Mail versandt werde, sei es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet habe, so die Richter in Hamm (Beschl. v. 09.03.2022, Az. 4 W 119/20).

In einer weiteren E-Mail setzte der Anwalt, mit dem der abgemahnte Konkurrent noch nie zuvor zu tun gehabt hatte,  erneut nur mit dem Aktenzeichen als Betreff, dem Konkurrenten seines Mandanten „zur Erfüllung diesseitiger Ansprüche eine Nachfrist bis zum …“.

OLG: Öffnen von Dateianhängen wegen Virengefahr nicht zumutbar

Das Landgericht erließ antragsgemäß eine einstweilige Verfügung gegen den Konkurrenten, die erst das OLG Hamm nun – im Kostenpunkt – aufhob. Die Richter in Hamm zeigten sich überzeugt von dem Vortrag des Konkurrenten, der angab, von den E-Mails des Anwalts keine Kenntnis erlangt zu haben. Er vermutete, dass diese in seinem Spam-Ordner gelandet und dort nach zehn Tagen gelöscht worden seien.

Auch das OLG ist der Auffassung, die Abmahnung sei dem Internethändler gar nicht zugegangen. Ein Zugang liege vielmehr erst dann vor, wenn der Empfänger einer Mail den Dateianhang auch tatsächlich öffnet. Laut OLG kann man im Hinblick auf die allgemeinen Warnungen vor Virenrisiken vom Empfänger einer Mail nicht verlangen, einen Anhang von einem unbekannten Absender zu öffnen. 

Auf einen möglichen Zugang im Spam-Ordner komme es demnach gar nicht an. Der Empfänger der Mails habe glaubhaft gemacht, von den E-Mails keine Kenntnis gehabt zu haben. Zudem habe er versichert, die Dateianhänge des ihm zuvor unbekannten Anwalts nicht geöffnet zu haben.