Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 1/2022

Grenzüberschreitende Videoverhandlungen: BRAK begrüßt Vorschlag

Gerade in der Corona-Pandemie besteht auch in grenzüberschreitenden Streitigkeiten das Bedürfnis, Videoverhandlungen durchzuführen. Auswärtiges Amt, Bundesjustizministerium und Bundesamt für Justiz haben einen gemeinsamen Vorschlag hierzu erarbeitet. Die BRAK begrüßt dies, mahnt aber zur Einhaltung grundlegender Prozessgrundsätze.

12.01.2022Newsletter

Hintergrund des gemeinsamen Vorschlags für die Behandlung eingehender Ersuchen, Videoverhandlungen in grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen durchzuführen, ist dass nicht nur in reinen Inlandsverfahren, sondern auch in Verfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen ein wachsendes Bedürfnis nach virtuellen Verhandlungen zu beobachten ist. Das Auswärtige Amt, das Bundesjustizministerium und das Bundesamt für Justiz haben daher ein grundsätzliches Vorgehen für virtuelles grenzüberschreitendes Verhandeln für die Dauer der anhaltenden Pandemie erarbeitet.

Die Entscheidung, ob zwischen Deutschland und einem ausländischen Staat das grenzüberschreitende virtuelle Verhandeln während der Pandemie zulässig ist, soll danach grundsätzlich davon abhängen, ob im Verhältnis zu diesem Staat unmittelbare Beweisaufnahmen zulässig sind. Das ist sowohl nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (EuBVO) als auch nach dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HBÜ) der Fall, wenn die Betroffenen freiwillig an der Videoverhandlung teilnehmen können und das Recht auf einen Rechtsbeistand sowie auf Verdolmetschung haben.

Auch die Justizministerinnen und -minister des Bundes und der Länder hatten sich bei ihrer Herbstkonferenz 2021 mit dem Thema befasst. Viele Gerichte innerhalb und außerhalb der Europäischen Union verhandeln bereits grenzüberschreitend virtuell, ohne dass es hierfür Rechtsgrundlagen bzw. entsprechende Rechtshilfeersuchen gibt.

Die BRAK hat zu dem gemeinsamen Vorschlag durch ein Schreiben ihres zuständigen Vizepräsidenten Michael Then Stellung genommen. Sie begrüßt, dass ein Rechtsrahmen für bereits gelebte Verfahrensabläufe geschaffen werden soll, und dass damit auch ein Instrument zur Verfügung gestellt wird, grenzüberschreitende Videoverhandlungen gegenüber Gerichten anzuregen. Sie hat sich bereits an anderer Stelle generell dafür ausgesprochen, die Nutzung von Videoverhandlungen zu intensivieren.

Dabei dürften allerdings grundlegende Prozessgrundsätze nicht angetastet werden. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz gebiete es, dass Beweisaufnahmen mit Zeugen-, Sachverständigen- und/oder Parteianhörungen in Präsenz stattfinden, wenn nicht alle Beteiligten ihre Zustimmung zur Videovernehmung erteilen. Zudem weist sie auf praktische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Simultanübersetzungen hin.

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