Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 23/2022

Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte: BRAK formuliert Kernforderungen

Die Justizministerien des Bundes und der Länder prüfen derzeit eine Erhöhung der Streitwerte, bis zu denen die Amtsgerichte in Zivilsachen zuständig sind. Aus Sicht der BRAK muss dabei ein effektiver Zugang zum Recht für Bürger:innen gewährleistet bleiben und zuvor solides Zahlenmaterial aus der Justiz erhoben und analysiert werden.

17.11.2022Newsletter

Eine von der Konferenz der Justizministerinnen und -minister des Bundes und der Länder im Herbst 2021 eingesetzte Arbeitsgruppe überprüft derzeit die Streitwerte, an welche die Zuständigkeit der Amts- bzw. Landgerichte in Zivilsachen anknüpft. Diese wurden letztmals im Jahr 1993 erhöht. Die Arbeitsgruppe unter Federführung der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz prüft mögliche Verschiebungen im Geschäftsanfall zwischen Amts- und Landgerichten sowie personalwirtschaftliche und gerichtsorganisatorische Folgen. Neben den Zuständigkeitsstreitwerten stehen auch die Wertgrenze für das vereinfachte Verfahren in § 495a ZPO sowie die Berufungs- bzw. Beschwerdewertgrenzen (etwa § 511 II Nr. 1 ZPO, § 64 IIb ArbGG, § 68 I 1 GKG) auf dem Prüfstand. Vorgeschlagen wird unter anderem, den Zuständigkeitsstreitwert bei den Amtsgerichten von derzeit 5.000 Euro auf 10.000 Euro zu erhöhen.

Die BRAK hat sich mit einem Positionspapier zu Wort gemeldet. Sie hält eine Überprüfung der Zuständigkeitsstreitwerte, gerade angesichts des Umstands, dass die letzte Erhöhung fast 30 Jahre zurückliegt, für berechtigt. Die Diskussion insgesamt könne aber nur geführt werden, wenn konkrete statistische Daten dazu Anlass geben und etwaige Verschiebungen rechtfertigen. Eine Steigerung könnte, sofern dies nicht vorab etwa aufgrund von Daten der Landesjustizverwaltungen solide prognostiziert werde, zu einer unerwünscht hohen Anzahl von Angelegenheiten führen, die von einem auf den anderen Tag von der Zuständigkeit der Landgerichte in die Zuständigkeit der Amtsgerichte übergehen.

Kernpunkt der Diskussion ist aus Sicht der BRAK eine Stärkung der Amtsgerichte ohne gleichzeitige Schwächung der Landgerichte. Nur so werde der Zugang zum Recht in der Fläche gestärkt. Durch einen Postulationszwang ab einem Streitwert von 5.000 Euro könne die Qualität der Rechtsfindung beibehalten und effektiver Zugang zum Recht ohne Rücksicht auf die streitwertabhängige Gerichtszuständigkeit gewährleistet werden. Die zweifelsohne bestehende Inflation könne kein tragfähiges Argument für eine Erhöhung sein. Denn für die Bürgerinnen und Bürger seien Streitwerte unter 5.000 Euro gemessen am Durchschnittsverdienst, der im Jahr 2021 bei etwa 4.100 Euro brutto lag, verhältnismäßig hoch und der durchschnittliche Streitwert lag bei lediglich 2.000 Euro.

In ihrem Positionspapier wirft die BRAK daher eine Reihe von Fragen auf, die vor einer möglichen Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwerts aus ihrer Sicht unbedingt zu klären sind.

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