BRAK begrüßt Pläne für effektivere Kapitalanleger-Musterverfahren
Das Kapitalanleger-Musterverfahren soll nach einem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums effektiver gestaltet werden. Die BRAK begrüßt diese Pläne, kritisiert aber, dass das Verhältnis zur neuen Abhilfeklage nicht konsistent geregelt sei.
Mit dem zweiten Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) will das Bundesministerium der Justiz dieses Gesetz zu einem sowohl für die Gerichte als auch die geschädigten Anleger effektiven Instrument bei der Bewältigung von Massenverfahren mit kapitalmarktrechtlichem Bezug fortentwickeln. Das im Jahr 2012 eingeführte KapMuG bietet ein zivilprozessuales Musterverfahren vor den Oberlandesgerichten speziell für Ansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener Kapitalmarktinformation. Die individuellen Verfahren werden dabei bis zum Musterentscheid ausgesetzt und dann auf dessen Basis abgeschlossen.
Der Ende Dezember vorgelegte Referentenentwurf des Ministeriums sieht vor, das KapMuG-Verfahren als besonderes Instrument für kapitalmarktrechtliche Massenverfahren unter anderem neben der erst im Oktober 2023 in Kraft getretenen Abhilfeklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz zu erhalten. Das Verfahren soll aber fortentwickelt und insbesondere die elektronische Aktenführung bereits zum 1.1.2025 – statt erst ein Jahr später wie für die Gerichte im übrigen – eingeführt werden.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK dieses Ziel. Sie kritisiert jedoch die inkonsistente Regelung des Verhältnisses zwischen dem KapMuG und der Abhilfeklage; diese Kritik hatte sie auch bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Abhilfeklage angebracht.
Zu den einzelnen im Entwurf vorgesehenen Änderungen äußert die BRAK sich differenziert. Sie begrüßt ausdrücklich, dass die bislang in § 8 KapMuG normierte Zwangsaussetzung gestrichen werden soll. Durch die Möglichkeit, das Verfahren frei zu wählen, werde die Parteiautonomie gestärkt, was die BRAK ebenfalls befürwortet.
Dass künftig die Oberlandesgerichte autonom die Feststellungsziele für das Musterverfahren formulieren können sollen, begrüßt die BRAK, wie bereits in ihrer Stellungnahme im Rahmen der Evaluierung des KapMuG im Jahr 2019. Sie weist jedoch darauf hin, dass hierfür die vorgesehene knappe Sachverhaltswiedergabe nicht genügen dürfte.
Kritisch sieht die BRAK die Einführung einer Zwei-Monats-Frist für den Antrag auf Erweiterung des Musterverfahrens. Das Ergebnis dürfe nicht sein, dass neue Tatsachen oder neu erwachsene Rechtsfragen nur binnen dieser zwei Monate in das Verfahren eingebracht werden können.
Dass die elektronische Aktenführung in KapMuG-Verfahren um ein Jahr vorgezogen werden soll, begrüßt die BRAK ausdrücklich. Die Digitalisierung der Verfahrensakten ist ein Grundsatzthema, das die BRAK auch in Bezug auf andere Verfahrensarten verfolgt. Vor allem für Musterverfahren hält sie die flächendeckende Digitalisierung der Verfahrensakten und damit auch eine zügigere Möglichkeit der Akteneinsicht für förderlich, um Verfahren effektiver zu führen.
Weiterführende Links:
- Stellungnahme Nr. 7/2024
- Stellungnahme Nr. 16/2019 (zur Evaluierung des KapMuG)
- Referentenentwurf
- News v. 17.10.2023 (zur Abhilfeklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz)