BRAK kritisiert Verschärfung des Wettbewerbsrechts
Bei Wettbewerbsstörungen soll das Bundeskartellamt künftig nach einer Sektoruntersuchung in Märkte eingreifen können. Die BRAK kritisiert die neuen Eingriffsinstrumente der Behörde, die damit einen weiteren Beurteilungsspielraum und scharfe verhaltens- und kausalitätsunabhängige Maßnahmen erhält.
Das Bundeskartellamt soll nach Plänen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz künftig bei Wettbewerbsstörungen in Märkte eingreifen können, nachdem es eine Sektoruntersuchung durchgeführt hat. Es soll etwa Konzentrationstendenzen unterbinden, den Marktzugang erleichtern und in Extremfällen sogar Unternehmen entflechten können. Der im April 2023 vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und anderer Gesetze (Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz / 11. GWB-Novelle) führt dafür ein neues Eingriffsinstrumentarium ein. Ziel ist es, die Chancen insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen im Wettbewerb zu stärken.
Bereits zu dem im September 2022 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegten Referentenentwurf hatte die BRAK sich kritisch geäußert. Darin hat sie sich mit der Ausgestaltung der in § 32f GWB-Entwurf Sektoruntersuchung auseinandergesetzt, die Basis möglicher Eingriffsmaßnahmen sein soll. Als problematisch sah sie insbesondere einen zu weiten Beurteilungsspielraum des Bundeskartellamts, die unzureichende und zu Rechtsunsicherheiten führende Fassung der Tatbestandsvoraussetzungen und ein Missverhältnis zu den scharfen, verhaltens- und kausalitätsunabhängigen Rechtsfolgen an.
Gegenüber dem Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf nach Ansicht der BRAK zwar einige begrüßenswerte Änderungen. Diese könnten aber die grundlegenden Bedenken bezüglich des neuen Eingriffsinstruments nicht ausräumen. Nach wie vor werde die Notwendigkeit des Eingriffsinstruments nicht belegt und systematische Widersprüche nicht ausgeräumt. Unklar bleibe auch weiterhin die konkrete Zielsetzung des neuen Eingriffsinstruments. Auch das von der BRAK kritisierte Missverhältnis zwischen der uneingeschränkten Ausgestaltungsfreiheit des Bundeskartellamts bei der Sektoruntersuchung und der scharfen, verhaltens- und kausalitätsunabhängigen Rechtsfolgen beseitige der Regierungsentwurf nicht.
Die BRAK moniert zudem, dass der Verfahrensschutz nur unzureichend ausgestaltet sei. Denn die Entscheidungsgewalt für alle Verfahrensstufen liege bei derselben Beschlussabteilung des Bundeskartellamts. Nach britischem Vorbild regt die BRAK stattdessen ein „fresh pair of eyes“-Konzept an, bei dem die Entscheidung über die Sektoruntersuchung einerseits und die Feststellungsverfügung sowie Abhilfemaßnahmen andererseits verschiedenen Gremien innerhalb des Bundeskartellamts zugeteilt wird. Sie hält es zudem für geboten, vor der Verhängung von Abhilfemaßnahmen generell eine Stellungnahme der Monopolkommission einzuholen.
Kritik an dem Regierungsentwurf wurde auch von einigen der Experten in der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses Mitte Juni geäußert. Der Bundestag hat die 11. GWB-Novelle in seiner Sitzung am 6.7.2023 verabschiedet.
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