Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 12/2024

Keine automatische Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten Flüchtlingseigenschaft – EuGH

Der EuGH hat am 18. Juni 2024 in seinem Urteil in der Rechtssache QY gegen Bundesrepublik Deutschland (C-753/22) entschieden, dass ein Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz individuell prüfen muss, wenn er diesen nicht als unzulässig abweisen kann, obwohl der Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zuerkannt bekommen hat, weil er dort der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre.

21.06.2024Newsletter

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine syrische Staatsangehörige, der bereits in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, in Deutschland erneut internationalen Schutz beantragt. Die zuständige Behörde lehnte ihren Antrag ab, gewährte ihr aber subsidiären Schutz. Ein deutsches Gericht entschied derweil, dass sie nicht nach Griechenland zurückkehren könne, weil ihr dort aufgrund der Lebensumstände von Flüchtlingen die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen würde.  Die Betroffene erhob daraufhin Klage gegen die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Das Bundesverwaltungsgericht legte schließlich dem EuGH die Frage vor, ob die zuständige Behörde durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen Mitgliedstaat gebunden sei oder eine neue eigenständige Prüfung vornehmen dürfe. Der EuGH entschied, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die von anderen Mitgliedstaaten erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft anzuerkennen, dass es aber derzeit keine Verpflichtung hierfür gebe. Wenn sich ein Mitgliedstaat dagegen entscheide, müsse er eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung des Vorliegens aller Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vornehmen. Die Entscheidung des anderen Mitgliedstaates und alle entscheidenden Anhaltspunkte derselben müssen jedoch berücksichtigt werden. In dem Fall müsse es unverzüglich zu einem Informationsaustausch mit der Behörde kommen, die die Entscheidung im anderen Mitgliedstaat gefällt habe. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei zudem das Ermessen der Behörde auf null reduziert.

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