Cannabis-Legalisierung

Regierungsentwurf verabschiedet: Das steht drin

Das Kabinett hat am 16. August einen Regierungsentwurf beschlossen, mit dem Cannabis zum Teil legalisiert werden soll. Was ist bekannt, was neu?

17.08.2023Gesetzgebung

Am Mittwoch, den 16. August 2023, hat sich die Ampel-Regierung auf den Gesetzentwurf für ein Cannabis-Gesetzes geeinigt. In diesem ersten Schritt auf dem Weg zur Cannabis-Legalisierung sollen der private und gemeinschaftliche, nicht-kommerziellen Eigenanbau sowie der Konsum geregelt werden. Ziele sind die Eindämmung des Schwarzmarktes sowie die Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes und des Gesundheitsschutzes. Außerdem soll die Qualität von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden.

Der 183 Seiten starke Regierungsentwurf enthält im Wesentlichen dieselben Regelungen wie der 20 Seiten kürzere Referentenentwurf von Anfang Juli – allerdings mit einer Änderung: Die Weitergabe privat angebauten Cannabis soll jetzt gänzlich verboten werden. Ursprünglich war hier die unentgeltliche Weitergabe an volljährige Personen "im Bereich der Wohnung der anbauenden Person zum unmittelbar auf die Weitergabe folgenden gemeinschaftlichen Konsum" erlaubt. 

Ansonsten bleibt es bei folgenden wesentlichen Regelungen, die bereits Anfang Juli im Referentenentwurf standen:

  • Der Besitz von 25 Gramm Cannabis für erwachsene Privatpersonen soll straffrei werden.
  • Zudem können Privatpersonen bis zu drei Pflanzen gleichzeitig selbst anbauen.
  • In neu zu gründenden Vereinen von bis zu 500 Personen soll für den privaten Konsum Cannabis angebaut werden dürfen – konsumieren darf man darin aber nicht. Die Abgabe soll für Mitglieder ab 21 Jahren auf 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat beschränkt werden. Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren dürfen nur 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des zulässigen THC-Gehalts auf 10 Prozent erhalten. Die Abgabe soll nur in kontrollierter Qualität und nur in Reinform, d.h. Marihuana oder Haschisch, erlaubt sein. Abgesehen von diesen Regelungen sind die bürokratischen Hürden für die Gründung und Verwaltung eines solchen Vereins hoch.
  • Der Konsum im öffentlichen Raum ist jedoch an vielen Orten verboten: Im Abstand von 200 Metern zum Eingangsbereich von Anbauvereinigungen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie in öffentlich zugänglichen Sportstätten. In Fußgängerzonen darf nur nach 20 Uhr und vor 7 Uhr morgens konsumiert werden. Auch der Konsum in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen ist verboten.
  • Das Gesetz soll nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen evaluiert werden.

Gleichzeitig will der Gesundheitsminister bereits jetzt eine hauptsächlich digitale Kampagne zur Aufklärung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen starten, um sie vor den gesundheitlichen Gefahren zu warnen. Nach medizinischen Erkenntnissen ist der Konsum für sie besonders gefährlich, weil das Gehirn sich hier noch in der Entwicklung befindet. 

Wann ist mit der Legalisierung zu rechnen?

Derzeit rechnet das Gesundheitsministerium mit einem Inkrafttreten bis zum Jahresende. Nach dem aktuellen Beschluss im Kabinett muss das Gesetz allerdings erst noch durch Bundestag und Bundesrat. Im Herbst soll die erste Lesung im Bundestag stattfinden. Im Bundesrat ist das Gesetz zumindest nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht zustimmungspflichtig – dies ist allerdings umstritten. Diese Frage hat in der Praxis eine hohe Relevanz, wäre doch vor allem von Seiten der Union in der Länderkammer mit Widerstand zu rechnen. Gerade von CDU/CSU-Politikern kommt aktuell viel Kritik an dem Legalisierungsvorhaben, u.a. mit Verweis auf den Jugendschutz.

Kritik kommt allerdings nicht nur von der Opposition, sondern praktisch von allen Seiten, auch aus den eigenen Reihen. Der Deutsche Richterbund etwa fürchtet, dass - anstatt die Gerichte zu entlasten - das kleinteilige Gesetz eher zu einer zusätzlichen Belastung von Justiz und Behörden führen werde. Wegen der hohen bürokratischen Hürden werde der Schwarzmarkt durch die Ampel-Pläne kaum zurückgedrängt werden. Lauterbach sieht diese Gefahren hingegen nicht. Er betonte die strikten Auflagen in Sachen Jugendschutz bekräftigte seine Erwartung, dass mit der Teillegalisierung die Justiz entlastet werde. 

Für die Zeit nach der parlamentarischen Sommerpause hat das Gesundheitsministerium darüber hinaus die "zweite Säule" des Legalisierungsvorhabens angekündigt. Diese sieht regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten vor. In den Modellregionen sollen Produktion, Vertrieb und Abgabe in Fachgeschäften ermöglicht werden. Der kommende Gesetzentwurf werde allerdings wohl der Europäischen Kommission zur Prüfung vorgelegt werden, so das Ministerium.

Der THC-Grenzwert im Straßenverkehr

Regeln für eine mögliche Anhebung des THC-Grenzwerts im Straßenverkehr fehlen in dem aktuellen Entwurf allerdings. Cannabis im Straßenverkehr ist allerdings auch Sache des Verkehrsministeriums unter Volker Wissing (FDP).

Wo beim Alkohol bei einem Blutalkoholwert von 0,5 Promille Bußgelder, Punkte und Fahrverbot drohen, liegt der Grenzwert für eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) beim Cannabis-Wirkstoff „THC“ aktuell bei 1 ng/ml Blutserum. Das Problem: Dieser Wert sagt wenig darüber aus, ob eine Person wirklich verkehrstauglich ist oder nicht – bereits ein Konsum Tage zuvor kann dazu führen, dass man immer noch eine entsprechende Blutkonzentration hat. Daher wird bereits seit Längerem über eine Anhebung dieses Wertes diskutiert. Der Vorsitzende der Grenzwertkommission sowie der Deutsche Anwaltsverein könnten sich eine Anhebung auf 3,5ng/ml vorstellen. Die Linksfraktion plädiert schon seit mehreren Jahren für eine Anhebung auf 10 ng/ml, AfD und CDU wollen höchstens kleinere oder überhaupt keine Anhebungen sehen.

Wissing möchte sich Medienberichten zufolge bei der möglichen Anhebung der Grenzwerte „konsequent an den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit“ orientieren. Aktuell solle geprüft werden, wie dieser Grenzwert auf wissenschaftlicher Basis ermittelt werden kann. Hierzu solle eine neue eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe im Verkehrsministerium mit Experten aus Medizin, Recht und Verkehr zu schaffen – zusätzlich zur Grenzwertkommission. Es scheint also, als würde es noch dauern, bis sich an dieser Stelle etwas bewegt.