Sorge um freie Advokatur: RAK Sachsen warnt vor Einschüchterung von Verteidigern
Rechtsanwaltskammer Sachsen zeigt sich aufgrund der Ankündigung der Prozessbeobachtung durch Polizeibeamte in zwei Strafverfahren vor dem Landgericht Leipzig besorgt.
Pressemitteilung 02/2025 der RAK Sachsen | Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Sachsen wurde darüber informiert, dass sich zwei leitende Beamte der Kriminalpolizeiinspektion Leipzig jeweils schriftlich an eine Strafkammer des Landgerichts Leipzig gewendet und die Prozessbeobachtung im Zeitraum der Einvernahme von Zeugen (ihrerseits Kriminalhauptkommissare) an jeweils benannten Verhandlungstagen in Strafverfahren der jeweiligen Kammern angezeigt haben. In beiden Fällen führten die Polizeibeamten aus, dass Sie die Prozessbeobachtung als Vorgesetzte der einzuvernehmenden Zeugen durchführen werden. Die Prozessbeobachtung sei „aufgrund von unzutreffenden Drohungen und Unterstellungen durch einen im Verfahren bestellten Verteidiger gegenüber einem Beamten im vorausgehenden Verhandlungsverlauf bzw. in einer anderen Verhandlung“ angezeigt. Beide Beamten kündigten zudem an, „bei einem erneuten Auftreten ein derartiges Verhalten zu dokumentieren“.
Die Ankündigung der Prozessbeobachtung durch die beiden Polizeibeamten in ihrer Funktion als Vorgesetze zum Zwecke der Dokumentation der Tätigkeit eines Strafverteidigers ist nicht nur unüblich, sondern löst ein starkes Befremden aus. Sie erschöpft sich nach Ansicht der Rechtsanwaltskammer Sachsen nicht nur in einem Frontalangriff auf die freie Advokatur und zielt auf die Einschüchterung des betroffenen Verteidigers ab, sondern impliziert darüber hinaus, die weiteren Verfahrensbeteiligten seien nicht imstande, den rechtmäßigen Ablauf der Hauptverhandlung zu gewähren, notwendige sitzungsleitende Verfügungen durch die/den Vorsitzende/n zu veranlassen (§ 238 Abs. 1 StPO) oder im Falle eines Verdachts einer strafbaren Handlung, dies eigenständig auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu dokumentieren (§ 183 GVG).
Dieses offenkundige Misstrauen von Staatsbeamten der Exekutive gegenüber der Justiz und aller am Verfahren beteiligten Organen der Rechtspflege erachtet die Rechtsanwaltskammer Sachsen als äußert beunruhigend.
Die Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Sachsen, Frau Rechtsanwältin Sabine Fuhrmann, hat sich diesbezüglich bereits mit einem Schreiben an das Sächsische Staatministerium des Innern gewendet und Herrn Staatsminister Schuster über die beunruhigenden Umstände informiert.
Reingehört!
Podcast (R)ECHT INTERESSANT! v. 15.04.2025:
Kurz & knackig: "Strafverteidiger unter polizeilicher Beobachtung?
Im Gespräch mit Rechtsanwältin Sabine Fuhrmann.