Stellungnahme der BRAK Nr. 8/2023

Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung

Zwei Gesetzentwürfe - ein Ziel: Umfassende und zeitgemäße Dokumentation von Hauptverhandlungen in Strafsachen.

 

07.02.2023 | Der Ausschuss Strafprozessrecht (StPO) der BRAK hat eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMJ zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung (Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG) und zum Alternativ-Entwurf "Audiovisuelle Dokumentation der Hauptverhandlung (AE-ADH) des Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer" veröffentlicht.

Der Ausschuss StPO begrüßt ausdrücklich, dass nunmehr zwei Gesetzentwürfe vorliegen, die beide das Ziel haben, eine umfassende und zeitgemäße Dokumentation der Hauptverhandlung in Strafsachen einzuführen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umstellung des Protokollierungssystems auf einen modernen technischen Standard sollten so schnell wie möglich geschaffen werden.

Beide Entwürfe heben zu Recht den rechtspolitischen Reformbedarf hervor. Die durch digitale Aufzeichnungstechniken entstandenen Möglichkeiten zur Anfertigung einer Bild-Ton-Aufzeichnung müssen für das Strafverfahren nutzbar gemacht werden. Gegenstand des Strafverfahrens ist die Frage, ob ein staatlicher Grundrechtseingriff von erheblicher Tragweite angeordnet wird. Schon deshalb müssen die äußeren Rahmenbedingungen des Verfahrens nach Möglichkeit so gestaltet werden, dass ein gerichtliches Urteil auf zutreffender Tatsachengrundlage ergeht. Dazu gehört bei dem heute erreichten Stand der Aufzeichnungstechnik, dass auch der Verlauf einer Hauptverhandlung in Strafsachen so dokumentiert wird, dass innerhalb des Verfahrens jederzeit sowohl für die Verfahrensbeteiligten der jeweiligen Hauptverhandlung als auch für die weiteren Verfahrensbeteiligten in gegebenenfalls späteren Rechtsmittelinstanzen nachvollzogen werden kann, welchen Inhalt die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung hatte. Dies wird sich auf den Prozess der Entscheidungsfindung in mehrfacher Hinsicht positiv auswirken: Die Mitglieder des Gerichts sind nicht mehr gezwungen, selbst Mitschriften anzufertigen, wenn ihnen eine authentische Dokumentation der Hauptverhandlung zur Verfügung steht. Zugleich ist sichergestellt, dass der Inhalt mündlicher Äußerungen in der Hauptverhandlung (insb. von Sachverständigen und von Zeugenaussagen) jederzeit zuverlässig nachvollzogen werden kann. Auch während der Beratung haben die Mitglieder des Gerichts damit jederzeit die Möglichkeit, sich Gewissheit über den Inhalt der Beweisaufnahme zu verschaffen. Durch die Aufzeichnung erhalten auch andere Verfahrensbeteiligte die Möglichkeit, sich zuverlässig über den Inhalt der Beweisaufnahme zu informieren.  Auseinandersetzungen über den Inhalt von mündlichen Erklärungen, die in der Praxis immer wieder auftreten, können auf diese Weise vermieden werden.

Schon weil zu erwarten ist, dass bis zur praktischen Umsetzung durch die Justizverwaltungen noch ein erheblicher Zeitraum vergehen wird, sollte das Gesetzgebungsverfahren möglichst rasch vorangebracht werden. Die Einführung eines modernen audiovisuellen Aufzeichnungssystems wäre ein Meilenstein in der Entwicklung des deutschen Strafprozesses. Angesichts des heute erreichten  Standes der Aufzeichnungstechnik ist sie ein Gebot der Stunde.