Asylrecht: einhellige Kritik der Anwaltschaft an Reformplänen
Gegen die Pläne der Bundesregierung, gerichtliche und behördliche Asylverfahren zu beschleunigen, haben sich Bundesrechtsanwaltskammer, Rechtsanwaltskammer Berlin, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein sowie Deutscher Anwaltverein in einer gemeinsamen Stellungnahme gewandt. Sie kritisieren, dass der Rechtsschutz für Asylsuchende massiv eingeschränkt werde und Verfahren sich erheblich verlängern würden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung von Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren wurde am 28.11.2022 im Innenausschuss des Deutschen Bundestages diskutiert. Zur Entlastung der Verwaltungsgerichte und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sollen unter anderem Gerichtsverfahren beschleunigt und das behördliche Asylverfahren durch den Wegfall der Regelüberprüfung von Asylbescheiden entschlackt werden. Im Vorfeld der Sachverständigenanhörung im Bundestags-Innenausschuss am 28.11.2022 haben Bundesrechtsanwaltskammer, Rechtsanwaltskammer Berlin, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein sowie Deutscher Anwaltverein das Vorhaben in einer gemeinsamen Erklärung scharf kritisiert.
Der Gesetzentwurf sei ohne eine vorangehende zivilgesellschaftliche Debatte durch das Bundesministerium des Inneren eingebracht worden. Trotz massiver Kritik durch Anwaltschafts- und Nichtregierungsorganisationen enthalte auch der geänderte Regierungsentwurf noch immer zahlreiche Einschränkungen verfahrensrechtlicher Garantien von Asylsuchenden und führe zu einer erheblichen Verzögerung der Asylverfahren und zu einer massiven Einschränkung im Rechtsschutz.
Weshalb die geplanten Änderungen zu Verfahrensverzögerungen nach Einschätzung von BRAK, RAK Berlin, RAV und DAV mit Sicherheit zu einer Verlängerung von Asylverfahren führen werden, legen sie in ihrem Statement im Detail dar. Sie kritisieren zudem, dass die anwaltliche Vertretung von Asylsuchenden in gerichtlichen Verfahren stark eingeschränkt werden soll. Im Ergebnis zementiere und befördere das Gesetz den bereits jetzt erheblichen Unterschied zwischen Rechtsschutz suchenden Asylsuchenden und in anderen Lebensbereichen Rechtsschutzsuchenden und schaffe ein Zwei-Klassen-Recht.
Aus Sicht der Anwaltschaftsorganisationen gibt es keine empirischen Belege dafür, dass die angestrebten Gesetzesänderungen notwendig und wirksam seien. Ihrer Erfahrung mit Asylverfahren nach würde eine Verbesserung der Qualität der Entscheidung des BAMF und der Asylverfahren im oben genannten Sinne viel eher zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren führen.
Weiterführende Links:
- Gemeinsame Stellungnahme von BRAK, RAK Berlin, RAV und DAV
- Presseerklärung Nr. 10/2022 v. 25.10.2022 (zum Referentenentwurf)
- Stellungnahme Nr. 43/2022 (zum Referentenentwurf)
- Regierungsentwurf
- Nachrichten aus Berlin 22/2022 v. 4.11.2022