Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 22/2024

Berufsrecht: Aufsichtsverfahren sollen umfassend neu geregelt werden

Die Aufsichtsverfahren von Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern sollen neu geregelt werden. Das sieht ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vor. Er enthält außerdem Regelungen zur Entbürokratisierung, Vereinheitlichung und Modernisierung verschiedener Bereiche wie etwa Zulassungsverfahren, Wählbarkeit zum Kammervorstand und Wiederholung fehlerhafter Wahlen sowie zur Ernennung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter in der Anwaltsgerichtsbarkeit.

30.10.2024Newsletter

Das Bundesministerium der Justiz möchte die Berufsaufsicht der rechtsberatenden Berufe neu ordnen. Der Ende Oktober vorgelegte Referentenentwurf war lange erwartet worden, weil er eine Reihe praktischer Probleme adressiert, die nach dem geltenden Recht unter anderem im Bereich der Rechtsbehelfe gegen die verschiedenen Sanktionsinstrumente in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), der Patentanwaltsordnung (PAO) und dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) bestehen.

Dazu zählen insbesondere die in der Rechtsprechung anerkannte, aber gesetzlich nicht geregelte sog. missbilligende Belehrung und deren gerichtliche Überprüfbarkeit. Neu geregelt werden sollen zudem die in der Sache nur schwer nachvollziehbaren unterschiedlichen Regelungen zur Zuständigkeit der Gerichte und zu den anzuwendenden Verfahrensvorschriften sowie das Vorgehen der Kammern gegen eigene Mitglieder nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Neu gefasst und vereinfacht werden soll außerdem die Verwahrung von über 100 Jahre alten notariellen Urkunden und Verzeichnissen sowie zur Einsichtnahme in diese. Damit sollen bestehenden praktische Schwierigkeiten beseitigt werden. Im Ergebnis streben die Beteiligten dabei eine Zuständigkeit der Landesarchive für die Verwahrung der Dokumente an.

Der Referentenentwurf sieht außerdem zahlreiche weitere Anpassungen im Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe vor:

  • Zum Abbau unnötiger Bürokratie soll in BRAO und PAO auf das Erfordernis der amtlichen Beglaubigung für die den Kammern vorzulegenden (geänderten) Arbeitsverträge von Syndikusanwältinnen und -anwälten verzichtet werden.
  • Die Regelungen in BRAO, PAO und StBerG zum Erlöschen der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft sollen dahingehend angepasst werden, dass die Zulassung (und damit die Befugnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen) nicht mehr durch die Auflösung der Gesellschaft erlischt, sondern erst mit deren Beendigung. Denn in der Zeit nach der Auflösung, aber vor der Beendigung muss die Gesellschaft im Rahmen der Abwicklung von Mandaten noch rechtsberatende Tätigkeiten vornehmen können.
  • Für eine Berufsausübungsgesellschaft, die in Deutschland tätig werden will, sollen neben den bisher schon zulässigen Rechtsformen nach deutschem, EU- und EWR-Recht künftig auch schweizerische Rechtsformen zulässig sein. Einzelanwältinnen und -anwälte aus der Schweiz stehen ihren Kolleginnen und Kollegen aus EU und EWR bereits gleichstehen.
  • Das Erfordernis der unterbrechungslosen fünfjährigen Berufsausübung für Vorstandsmitglieder von Kammern sowie die entsprechende, zudem mit einem Mindestalter gekoppelte Voraussetzung für Rechtsanwältinnen und -anwälte beim Bundesgerichtshof soll entfallen. Künftig soll in beiden Fällen nur noch eine fünfjährige Ausübung des Anwaltsberufs erforderlich sein. Hintergrund dieser Anpassung ist, dass für diese Tätigkeiten lediglich eine gewisse Berufserfahrung erforderlich ist.
  • Bislang ist in BRAO, PAO und Bundesnotarordnung (BNotO) nicht geregelt, wie im Falle ungültiger Wahlen zu verfahren ist. Um die daraus resultierenden Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, sollen an das Bundeswahlgesetz angelehnte Vorschriften zu Wahlwiederholungen aufgenommen werden.
  • Die Regelungen zur Berufung bzw. Ernennung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern sowie zu deren Abberufung in BRAO, PAO, StBerG, BNotO und WPO sind ohne durchgreifenden Grund teilweise unterschiedlich und zudem unnötig umständlich ausgestaltet. Sie sollen daher angepasst und vereinheitlicht werden.
  • Der zulässige Gesellschafterkreis für ausländische Berufsausübungsgesellschaften soll erweitert und an die Regelung für inländische Berufsausübungsgesellschaften und die darin zum Ausdruck kommende Wertung angeglichen werden. Danach sollen Gesellschafterinnen und Gesellschafter künftig zum einen auch ausländische Steuerberaterinnen und -berater sowie Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer und zum anderen Angehörige freier Berufe sein können, soweit sie jeweils ihre Tätigkeit in der Gesellschaft ausüben. Schließlich sollen auch nach dem Recht ihres Herkunftsstaats zugelassene Notarinnen und Notare in den zulässigen Gesellschafterkreis aufgenommen werden.
  • In § 16 EuRAG soll eine geringfügige Anpassung vorgenommen werden, die der vollständigen Umsetzung der Berufsqualifikationsrichtlinie im Hinblick auf eine nach dem Brexit eingetretene Konstellation dient.
  • Die bisher in § 76e StBerG vorgesehenen jährlichen Anzeigepflichten für steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften sind in Anbetracht der mittlerweile eingeführten Regelungen zum Berufsregister nicht mehr erforderlich. Sie sollen daher zum Abbau von Bürokratie entfallen.
  • Die bisher nach § 7 I 2 PAO mögliche Ausbildung angehender Patentanwältinnen und -anwälte bei einem Gericht für Patentstreitsachen erscheint für alle Bewerberinnen und Bewerber sinnvoll. Sie soll daher statt bisher optional künftig obligatorisch vorgesehen werden. Eine Verlängerung der Ausbildung soll damit nicht verbunden sein.
  • Notarinnen und Notare sehen sich u.a. im Bereich Digitalisierung und Geldwäsche immer höheren Anforderungen ausgesetzt. Dabei können ihnen in Regionen, in denen Notarkassen tätig sind, Verwaltungsaufgaben von diesen abgenommen werden. Durch eine Aufgabenerweiterung soll diese Möglichkeit (fakultativ) künftig auch für Notarkammern bestehen.

Die BRAK wird sich eingehend mit dem Referentenentwurf befassen und eine Stellungnahme dazu abgeben.

Parallel möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Berufsrecht der Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer fortentwickeln. Der Ende Oktober vorgelegte Referentenentwurf für eine Änderung der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) sieht u.a. vor, die Tätigkeit als Syndikus-Wirtschaftsprüferin oder -prüfer zu ermöglichen. Außerdem sollen die Berufsaufsicht und Qualitätskontrolle gestärkt und Sanktionsmöglichkeiten geschärft werden. Die BRAK wird sich auch hiermit eingehend befassen.

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