Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 19/2023

BRAK befürwortet geplante Überarbeitung des Völkerstrafrechts

Ein aktueller Gesetzentwurf soll Strafbarkeitslücken im Völkerstrafrecht unter anderem mit Blick auf sexualisierte Gewalt schließen und zudem neuere völkerrechtliche Abkommen berücksichtigen. Die BRAK befürwortet dies. Die geplante Ausweitung der Nebenklagebefugnis sieht sie jedoch kritisch.

21.09.2023Newsletter

Mit dem Mitte Juli vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts sollen Strafbarkeitslücken geschlossen werden, die sich seit dem Inkrafttreten des Völkerstrafgesetzbuches im Jahr 2002 in der Praxis gezeigt haben. Damit reagiert das Bundesministerium der Justiz (BMJ) auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre, in denen das Völkerstrafrecht sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewonnen hat und in denen der Einsatz sexualisierter Gewalt massiv zugenommen hat.

Zentrales Ziel des Entwurfs ist es daneben, einen möglichst weitgehenden Gleichlauf zwischen dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch herzustellen. Dabei soll auch die Rechtsprechung des IStGH berücksichtigt werden. Berücksichtigt werden sollen außerdem die zwischenzeitliche Ratifikation des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen aus dem Jahr 2006 sowie kürzlich ratifizierte Änderungen des Römischen Statuts hinsichtlich des Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung.

Auf Anfrage des BMJ hat die BRAK zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Dabei beschränkt sie sich auf die vorgeschlagenen Änderungen zur Ausweitung der Nebenklage. Beabsichtigt sind u.a. eine Ausweitung der Nebenklagebefugnis in § 395 I StPO sowie erweiterte Möglichkeiten für Opfer von Völkerrechtsverbrechen, unabhängig von den Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe einen Rechtsbeistand zu erhalten. Zudem sind daraus sich ergebende Anpassungen zur gemeinschaftlichen Nebenklagevertretung (§ 397b StPO), zur psychosozialen Prozessbegleitung und Zugang zu Dolmetschern vorgesehen.

Die BRAK begrüßt das Anliegen im Grundsatz, äußert aber im Detail zu einzelnen Punkten Bedenken. Für die Normenklarheit wäre es aus ihrer Sicht zielführender, die nebenklagefähigen Delikte ausdrücklich und konkret im Normentext zu benennen. Die Erstreckung der Nebenklagebefugnis auf sämtliche Mitglieder einer „politischen, rassischen, nationalen ethnischen, kulturellen oder religiösen“ Gruppe oder Gemeinschaft, denen grundlegende Menschenrechte entzogen werden, hält die BRAK für bedenklich. Dies können unter Umständen tausende oder gar Millionen von Personen sein. Jedenfalls insoweit droht eine signifikante und konturenarme Ausweitung der Nebenklagebefugnis mit allen praktischen Konsequenzen, die im Hinblick auf die Notwendigkeiten eines fairen und zügigen Verfahrens kaum vertretbar, aber auch in logistischer und finanzieller Hinsicht in der Praxis nicht handhabbar wäre.

Weiterführende Links: