Nachrichten aus Brüssel

Ausgabe 13/2017 vom 29.06.2017

29.06.2017Newsletter

Binnenmarkt

Dienstleistungspaket – Stellungnahme des JURI zur Verhältnismäßigkeitsprüfung

Der Rechtsausschuss des EP (JURI) hat bei seiner Sitzung am 20. Juni 2017 über den Entwurf einer Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen des französischen Abgeordneten Gilles Lebreton (ENF - Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit) abgestimmt, der die Wahl der Richtlinie als Rechtsinstrument ablehnte. Der Berichterstatter befürwortet unverbindliche Empfehlungen, die Mindeststandards festlegen. Die Abgeordneten stimmten mit knapper Mehrheit für einen Änderungsantrag, nach dem der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherrechte (IMCO) der Europäischen Kommission die Ablehnung des Richtlinienvorschlags vorschlagen soll. Der Rechtsausschuss lehnte aber letztendlich die Annahme der Stellungnahme ab.

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Dienstleistungspaket – Berichtsentwurf des IMCO über den Richtlinienvorschlag zur Festlegung eines Notifizierungsverfahrens

Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherrechte des EP (IMCO) hat am 23. Juni 2017 den Entwurf eines Berichts über den Richtlinienvorschlag zur Festlegung eines Notifizierungsverfahrens veröffentlicht. Der zuständige Berichterstatter Sergio Gutiérrez Prieto (S&D/ES) begrüßt darin das Ziel des Richtlinienvorschlags, klarere Regeln und ein transparenteres Verfahren der Notifizierung festzulegen und damit die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) zu verbessern. In einigen Punkten gehe der Gesetzesentwurf seines Erachtens aber zu weit. So solle die Notifizierungspflicht seines Erachtens nur bei neuen und bei wesentlichen Änderungen bestehender Anforderungen oder Genehmigungsregelungen ausgelöst werden. Ferner solle eine verkürzte Notifizierungspflicht bei dringenden Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und zum Schutz der Umwelt gelten. Der Erlass einer Vorwarnung durch die Europäische Kommission soll den Mitgliedstaat nicht davon abhalten, die notifizierte Maßnahme zu erlassen. Hat die Kommission weiterhin Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit der verabschiedeten Maßnahme mit der Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG), soll sie gegen den Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. 

Die in dem Berichtsentwurf vorgeschlagenen Änderungen stehen weitgehend im Einklang mit denen der Allgemeinen Ausrichtung des Rates. Die Frist für Änderungsanträge für den Berichtsentwurf läuft bis zum 9. September 2017.

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Zivilrecht

EuGH: Verbraucherschutz auch bei verpflichtender Mediation

In seinem Urteil vom 14. Juni 2017 hat der EuGH festgestellt, dass nationale Vorschriften, die die verpflichtende Mediation auch in Fällen mit Verbraucherbeteiligung vorsehen, nicht gegen Unionsrecht verstoßen, sofern das Mediationsverfahren stets von den Parteien bestimmt wird.

In dem zugrundeliegenden Fall hatten zwei italienische Staatsangehörige vor dem ordentlichen Gericht in Verona geklagt. Dieses wies darauf hin, dass der Klage kein nach italienischem Recht verpflichtendes Mediationsverfahren vorangegangen war, in dem Verbraucher anwaltlichen Beistand benötigen.

Laut dem Gerichtshof besteht die Freiwilligkeit von außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren nicht darin, dieses Verfahren in Anspruch zu nehmen, sondern in der Freiheit, das Verfahren selbst organisieren und jederzeit beenden zu können. Vorgeschaltete Mediationsverfahren seien stets dann mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes vereinbar, wenn ein derartiges Verfahren nicht zu einer bindenden Entscheidung führt, keine wesentliche Verzögerung für die Klageerhebung entsteht, die Verjährung der betroffenen Ansprüche gehemmt wird und keine erheblichen Kosten anfallen. Außerdem dürfe die elektronische Kommunikation nicht das einzige Mittel für den Zugang zu diesem Verfahren sein. Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes sollten stets möglich sein. Schließlich stellte der EuGH auch fest, dass nationale Rechtsvorschriften keinen zwingenden anwaltlichen Beistand für an Mediationsverfahren beteiligte Verbraucher verlangen dürfen.

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Umsetzung der Mediationsrichtlinie – JURI nimmt Berichtsentwurf an

Am 20. Juni 2017 hat der Rechtsausschuss des EP (JURI) den Berichtsentwurf des Berichterstatters Kostas Chrysogonos (GUE/NGL/GR) über die Umsetzung der Richtlinie 2008/52/EG (Mediationsrichtlinie) angenommen. Darin fordern die Abgeordneten die Mitgliedstaaten auf, sich verstärkt für die Durchführung von Mediationsverfahren einzusetzen, umfassende Informationen über Mediationsverfahren bereitzustellen und die Zusammenarbeit der Angehörigen der Rechtsberufe zu unterstützen. Darüber hinaus sollte die Europäische Kommission prüfen, ob es notwendig ist, EU-weite Qualitätsstandards für Mediationsdienstleistungen zu entwickeln und die Mitgliedstaaten zu verpflichten, nationale Register für Mediationsverfahren einzurichten. Als nächstes muss das Plenum des EP dem Bericht zustimmen.

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Strafrecht

Haftbedingungen in der EU

Am 21. Juni 2017 hat der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des EP den Initiativbericht über Strafvollzugssysteme und -bedingungen angenommen. Hierin fordert der Ausschuss die Mitgliedstaaten auf, menschenwürdige Bedingungen in den Gefängnissen zu schaffen. Insbesondere Griechenland, Belgien, Frankreich, Italien, Slowenien und Rumänien werden zudem aufgefordert, Maßnahmen gegen die Überbelegung ihrer Gefängnisse zu ergreifen. Die Abgeordneten weisen zudem auf die Alternativen zur Haft hin und betonen, dass die Untersuchungshaft ultima ratio sein sollte.

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Steuerrecht

Vertraulichkeit vor Meldepflicht – Richtlinienvorschlag zu Offenlegungspflichten von Intermediären

Am 21. Juni 2017 hat die Europäische Kommission ihren Richtlinienvorschlag zur Änderung der Richtlinie bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Modelle vorgelegt. Die Kommission will damit Intermediäre zur Offenlegung von potenziell aggressiven Steuerpraktiken verpflichten. Diese Praktiken müssen grenzüberschreitend sein und werden durch verschiedene Kennzeichen, sogenannte Hallmarks, festgelegt. Nach der Definition des Vorschlages fallen unter den Begriff der Intermediäre auch Rechtsanwälte, für die jedoch eine Ausnahme der Meldepflicht vorgesehen ist, wenn eine solche gegen das berufsrechtlich geregelte Grundrecht des Mandanten auf Vertraulichkeit verstößt. In solchen Fällen trifft nicht den beratenden Anwalt, sondern den Steuerzahler die Offenlegungspflicht. Die BRAK begrüßt, dass dieser Vorschlag den Schutz der Verschwiegenheitspflicht als einen wesentlichen Teil des Rechtsstaatlichkeitsprinzips anerkennt und fördert. Unverständlich bleibt jedoch die Tatsache, dass der Gesetzesvorschlag nicht zwischen legaler Steuervermeidung und illegaler Steuerhinterziehung unterscheidet.

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Institutionen

Transparenzregister - Verhandlungsmandat des EP angenommen

Die Konferenz der Präsidenten des EP hat am 15. Juni 2017 das Mandat für die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission und dem Rat über eine Interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) über ein verbindliches Transparenzregister angenommen. Ziel der Verhandlungen aus Sicht des EP soll insbesondere sein, dass das zukünftige Transparenzregister auch den Rat der EU und nicht wie bisher „nur“ das EP und die Kommission umfasst. Daneben sollen die Definition des Begriffs „Lobbying“ und die Ausnahmen vom Register klarer gefasst werden. Das Transparenzregister soll mit höheren finanziellen Mitteln ausgestattet und die Qualität der von den Interessenvertretern anzugebenden Daten verbessert werden.

Der Start der Verhandlungen zwischen den drei EU-Institutionen ist indessen noch ungewiss, da der Rat hierzu bisher noch keine Entscheidung getroffen hat. Er hat sich in den letzten Monaten eher kritisch gegenüber dem Vorschlag der Beteiligung an einem Transparenzregister geäußert.

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