Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 8/2023

Kein Erfordernis der persönlichen Stellung eines Antrags auf Familienzusammenführung – EuGH

Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rechtssache C-1/23 PPU | Afrin entschieden, dass das Erfordernis des persönlichen Erscheinens bei der Stellung eines Antrags auf Familienzusammenführung das Recht auf Achtung der Familieneinheit verletzt.

28.04.2023Newsletter

Die Ehefrau eines nach Belgien gezogenen syrischen Staatsbürgers, dem die Eigenschaft als Flüchtling zuerkannt worden war, reichte, vertreten durch einen Rechtsanwalt, einen Antrag per E-Mail und per Briefpost auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung bei der Verwaltung ein, der abgelehnt wurde. Laut einer belgischen Regelung muss der Antragsteller persönlich vor der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Mitgliedstaats erscheinen.

Der EuGH entschied, dass das Unionsrecht dieser Regelung entgegensteht, da die Regelung die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung verhindert. Die Mitgliedstaaten müssen den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts beachten, indem sie Erleichterungen für die Stellung eines Antrags auf Familienzusammenführung vorsehen, beispielsweise durch die Verwendung von elektronischer Kommunikation. Darüber hinaus muss bei der Setzung von Fristen der besonderen Lage der Flüchtlinge Rechnung getragen werden. Eine Regelung, nach welcher die Mitgliedstaaten das persönliche Erscheinen der Familienangehörigen des Zusammenführenden in einem späteren Stadium des Verfahrens zur Überprüfung der Bindungen und der Identität der Betroffenen verlangen, ist jedoch zulässig.

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