Amtsgerichte: Wertgrenze für Zuständigkeit soll auf 10.000 Euro verdoppelt werden
Das Bundesjustizministerium plant, den Streitwert, bis zu dem die Amtsgerichte in Zivilsachen zuständig sind, von derzeit 5.000 Euro auf 10.000 Euro zu verdoppeln. Als Grund wird unter anderem die Ersparnis von Anwaltskosten angeführt, weil dann für viele Fälle der Anwaltszwang entfällt. Die BRAK kritisiert die Pläne entschieden.
Mit dem am 24.6.2025 veröffentlichten Referentenentwurf zur „Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen“ will das Bundesjustizministerium die Zuständigkeiten von Amts- und Landgerichten umverteilen.
Amtsgerichte sollen danach künftig für Streitwerte bis 10.000 Euro – statt bisher 5.000 Euro – zuständig sein. Zudem sollen eine nachträgliche Änderung des Streitwerts sowie eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung unrichtig gewordener Kostenentscheidungen eingeführt werden. Unabhängig vom Streitwert soll außerdem eine bessere Spezialisierung der Gerichte ermöglicht werden. Dazu sollen etwa Nachbarschaftsstreitigkeiten streitwertunabhängig den Amtsgerichten zugewiesen werden, Streitigkeiten aus Heilbehandlungen, Vergabesachen sowie Veröffentlichungsstreitigkeiten hingegen den Landgerichten.
Beides entspricht im wesentlichen einem in der vergangenen Legislaturperiode eingebrachten Regierungsentwurf, der Beschlüsse der Frühjahrskonferenz 2023 der Justizministerinnen und -minister von Bund und Ländern (JuMiKo) umsetzt. Der Regierungsentwurf fiel jedoch infolge des Regierungswechsels der Diskontinuität anheim. Er sah lediglich eine Erhöhung der Streitwertgrenze auf 8.000 Euro vor, die nun geplante Erhöhung auf 10.000 Euro entspricht einem Beschluss der Frühjahrs-JuMiKo 2025.
Zudem enthält der Referentenentwurf – noch nicht Gegenstand des Regierungsentwurfs der zurückliegenden Legislaturperiode – eine Rechtsbereinigung im Bereich der Verbraucherstreitbeilegung: Aufgrund der Einstellung der Europäischen Plattform für Online-Streitbeilegung (ODR-Plattform) und der Aufhebung des ihr zugrundeliegenden Unionsrechtsakts (Verordnung (EU) Nr. 524/2013) bedurfte es der Anpassung mehrerer nationaler Rechtsnormen.
Die Gesetzesbegründung unterstreicht im Zusammenhang mit der Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwerts, dass sich für Bürgerinnen und Bürger eine Reduktion von Rechtsanwaltskosten und damit eine finanzielle Entlastung ergebe, weil sie sich zukünftig in Verfahren bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro auch selbst vertreten können. Auf der Basis verschiedener Annahmen, die nicht näher begründet oder belegt werden, wird ein potenzieller Wegfall von Rechtsanwaltsgebühren für die Bürgerinnen und Bürgern in Höhe von rund 14,5 Millionen Euro prognostiziert.
BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels hat sich umgehend mit einem Schreiben an die Bundesjustizministerin gewandt und die Beanstandungen und Bedenken mit Blick auf die Gesetzesbegründung adressiert. Bereits der Regierungsentwurf der vergangenen Legislaturperiode enthielt diese Begründung. Dagegen protestierte die BRAK bereits damals entschieden. In ihrer damaligen Stellungnahme und einem Schreiben von Vizepräsidentin Sabine Fuhrmann wurde kritisiert, dass die dem Mandanten entstehenden Kosten der anwaltlichen Vertretung als bloßer Kostenposten dargestellt werden, den es zu reduzieren gelte. Eine solche verkürzte Darstellung, die in ihrer Kalkulation zudem auf Schätzungen fußt, wird der Rolle der Anwaltschaft in ihrer Rechtschutzzugang gewährenden und für den Rechtsstaat und die Rechtspflege unabdingbaren Funktion in keiner Weise gerecht. So werde ein unzutreffendes Bild von der Anwaltschaft und ihrer prozessualen Rolle im Verfahren und im Gefüge des Zugangs zum Recht vermittelt.
Die BRAK wird sich auch im Rahmen der nun laufenden Verbändebeteiligung zu dem Gesetzentwurf äußern.
Weiterführende Links:
- Referentenentwurf
- Beschluss zu TOP I.25 der Frühjahrskonferenz 2025 der Justizministerinnen und Justizminister
- Beschluss zu TOP I.3 der Frühjahrskonferenz 2023 der Justizministerinnen und Justizminister
- Beschluss zu TOP 1.15 der Frühjahrkonferenz 2023 der Justizministerinnen und Justizminister
- Stellungnahme Nr. 26/2024 (zum Referentenentwurf der vergangenen Legislaturperiode)
- Regierungsentwurf (vergangene Legislaturperiode
- BRAK-News v. 11.6.2024 (zum Regierungsentwurf der vergangenen Legislaturperiode)