Kanzleidurchsuchung: BVerfG kritisiert Justiz und folgt der BRAK-Linie
Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde eines Anwalts gegen die Durchsuchung seiner Kanzlei nicht an, kritisierte jedoch die Hamburger Justiz deutlich. Die BRAK hatte zuvor vor den Gefahren für Mandatsgeheimnis und Vertrauensverhältnis gewarnt und eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung gefordert und für eine stärkere Berücksichtigung der anwaltlichen Vertrauensbeziehung und der Rechte unbeteiligter Dritter plädiert.
BVerfG erinnert an hohe Hürden
Im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde eines Hamburger Rechtsanwalts stand die Durchsuchung von Kanzleiräumen im Mittelpunkt. Während Karlsruhe die Beschwerde wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs für unzulässig erklärte, stellte es zugleich gravierende Defizite in der Begründung der Durchsuchungsanordnung und ihrer Bestätigung fest. Bereits im Vorfeld hatte die BRAK in einer Stellungnahme hervorgehoben, dass die richterlichen Entscheidungen den Anforderungen an Tatverdachtsprüfung und Auffindevermutung nicht gerecht würden.
Hintergrund: Strafanzeige nach Honorarstreit
Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Honorarstreit zwischen dem Anwalt und einer ehemaligen Mandantin, die ihn wegen versuchten Prozessbetrugs anzeigte. Nach zunächst eingestelltem Ermittlungsverfahren führten neue Aussagen einer Zeugin zur Wiederaufnahme. Das Amtsgericht Hamburg ordnete daraufhin die Durchsuchung der Kanzlei an, das Landgericht bestätigte den Beschluss.
Unzulässigkeit wegen fehlender Gehörsrüge
Vor dem BVerfG machte der Anwalt Grundrechtsverletzungen geltend. Die Beschwerde scheiterte jedoch bereits an der Zulässigkeit: Nach Ansicht der Karlsruher Richter hätte der Anwalt zunächst eine Anhörungsrüge nach § 33a StPO erheben müssen. Da dieser Schritt unterblieb, war der Rechtsweg nicht ausgeschöpft.
Verfassungsrechtliche Maßstäbe bekräftigt
Trotz Unzulässigkeit stellte das BVerfG klar, dass Durchsuchungen von Kanzleien strengen Anforderungen unterliegen. Sie dürfen nur bei tragfähigem Tatverdacht und hinreichender Auffindevermutung angeordnet werden. Im konkreten Fall sprach die Kombination aus geringer Schwere des Tatvorwurfs, schwachem Tatverdacht und erheblicher Eingriffstiefe gegen die Angemessenheit.
Die BRAK hatte im Kontext dieser Verfassungsbeschwerde betont, dass Durchsuchungen die anwaltliche Vertrauenssphäre und die Rechte unbeteiligter Mandanten erheblich gefährden. Sie forderte daher eine strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung. Konkret verlangt die BRAK:
- eine besonders sorgfältige Prüfung des Verdachtsgrades und einer konkreten Auffindevermutung,
- eine strenge Erforderlichkeitsprüfung im Hinblick auf mildere, grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen,
- eine Angemessenheitsprüfung unter Berücksichtigung der Schwere des Tatvorwurfs und der Bedeutung des Beweismittels,
- eine präzise Eingrenzung der gesuchten Unterlagen zum Schutz unbeteiligter Mandanten.
Das BVerfG griff diese Linie auf und verdeutlichte, dass Kanzleidurchsuchungen nur als ultima ratio in Betracht kommen.
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