Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 7/2025

BVerfG entscheidet zu Anforderungen des BFH an Nichtzulassungsbeschwerde

Weil der Bundesfinanzhof zur Darlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde im Ergebnis die Prognose einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung verlangte, hat das Bundesverfassungsgericht eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde für begründet gehalten. Auch die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme in dieser Anforderung eine Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz gesehen.

02.04.2025Newsletter

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich in einer aktuellen Entscheidung zu den Anforderungen geäußert, die für die Darlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde im finanzgerichtlichen Verfahren gelten.

In dem betreffenden Rechtsstreit hatte die Beschwerdeführerin vor dem Finanzgericht Düsseldorf gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid Klage erhoben. Der beiden Bescheiden zugrunde liegende Rechnungszinsfuß nach § 6 III 3 EStG sei mit Art. 3 I GG unvereinbar. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück. Er führte dazu u.a. aus, dass die Schlüssigkeit einer die Verletzung des Gleichheitssatzes betreffenden Rüge auch Darlegungen dazu erfordere, dass eine normverwerfende Entscheidung des BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen werde; die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin habe diesen Anforderungen an die Schlüssigkeit der Rüge nicht entsprochen.

Das BVerfG sah dies anders: Der BFH habe die Darlegungsanforderungen für die Nichtzulassungsbeschwerde überspannt. Er habe von der Beschwerdeführerin Darlegungen zu in der Zukunft liegenden Umständen verlangt, deren Eintritt ungewiss und zu denen ihr eine belastbare Prognose nicht möglich sei – und zwar sowohl hinsichtlich des Ausgangs einer Entscheidung des BVerfG über das Schicksal einer als verfassungswidrig beurteilten Norm als auch hinsichtlich eines die Entscheidung umsetzenden politischen Willensbildungsprozesses des Gesetzgebers. Darin sieht das BVerfG eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 IV GG. Es verwies die Entscheidung zur erneuten Entscheidung über die Zulassung der Revision an den BFH zurück.

In ihrer vom BVerfG erbetenen Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde hatte die BRAK ebenfalls die Ansicht vertreten, die vom BFH aufgestellten Darlegungsanforderungen verletzten das Recht auf effektiven Rechtsschutz. Ferner hatte sie darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der Frage, ob eine mit Art. 3 I GG unvereinbare Vorschrift weiter anzuwenden ist, allein dem BVerfG – nicht dem BFH – zustehe.

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Hintergrund:

Gutachten auf Anfrage von an der Gesetzgebung beteiligten Behörde oder von Bundesgerichten zu erstatten zählt nach § 177 II Nr. 5 BRAO zu den gesetzlichen Aufgaben der BRAK. Sie nimmt aufgrund dessen regelmäßig zu verfassungsgerichtlichen Verfahren Stellung. Deren Vorbereitung besorgt der Ausschuss Verfassungsrecht der BRAK. Einen Einblick in dessen Arbeit geben Prof. Dr. Christian Kirchberg und Dr. h.c.Gerhard Strate in BRAK-Magazin 4/2023, 6 sowie Prof. Dr. Christofer Lenz in BRAK-Mitt. 2024, 188.