Massenklagen: Regierung beschließt Gesetzentwurf für neues Leitentscheidungsverfahren
Der Bundesgerichtshof soll künftig in Massenverfahren etwa gegen Automobilhersteller, Banken oder Versicherungen wichtige Rechtsfragen durch Leitentscheidungen vorab klären können. Das soll auch dann gelten, wenn eine Revision zurückgenommen wird. Den entsprechenden Gesetzentwurf hat die Bundesregierung Mitte August beschlossen.
Massenhafte Einzelklagen etwa wegen Schadensersatz gegen Automobilhersteller, Banken oder Versicherungen belasten die Zivilgerichte erheblich. Dabei stellen sich in derartigen Verfahren meist dieselben entscheidungserheblichen Rechtsfragen. Künftig soll der Bundesgerichtshof solche Rechtsfragen in Form einer Leitentscheidung klären können, und zwar auch dann, wenn die Parteien die Revision zurücknehmen oder sich das Revisionsverfahren auf andere Weise erledigt. Die Leitentscheidung soll zwar keine formale Bindungswirkung für gleichgelagerte Verfahren bei den Instanzgerichten entfalten, gibt diesen aber eine Richtschnur. Dadurch sollen Betroffene schneller Rechtssicherheit erhalten und die Instanzgerichte gleichgelagerte Verfahren schneller erledigen können.
Den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof hat die Bundesregierung am 16.8.2023 beschlossen. Gegenüber dem Anfang Juni vorgelegten Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf keine wesentlichen Änderungen.
Die BRAK hatte sich bereits an anderer Stelle dafür ausgesprochen, zur besseren Bewältigung von Massenverfahren ein Vorabentscheidungsverfahren beim BGH einzuführen. Sie hat das Vorhaben daher in ihrer zum Referentenentwurf abgegebenen Stellungnahme ausdrücklich begrüßt, weist aber auch auf aus ihrer Sicht bestehende Unklarheiten hin. Sie fordert ein schlüssiges Gesamtkonzept, wie massenhafte Schäden und die daraus folgenden Klagen von der Justiz in einem praktikablen und gleichzeitig auch rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechenden Verfahren bewältigt werden können. Dazu gehört aus ihrer Sicht auch eine Evaluation, welchen messbaren Entlastungseffekt das neue Leitentscheidungsverfahren tatsächlich bringt.
Das weitere Gesetzgebungsverfahren wird die BRAK intensiv begleiten.
Weiterführende Links:
- Regierungsentwurf
- Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums v. 16.8.2023
- Stellungnahme Nr. 33/2023 (zum Referentenentwurf)
- Nachrichten aus Berlin 15/2023 v. 26.7.2023
- Stellungnahme Nr. 17/2023 (zu Massenverfahren)