Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 19/2023

Gemeinsamer Appell der Anwaltschaft: Rechtsstaat in Israel schützen

Die israelische Regierung verfolgt ihre Pläne zum Umbau des Justizsystems trotz monatelanger massiver Proteste aus der Bevölkerung konsequent weiter. Bundesrechtsanwaltskammer, deutsch-israelische Juristenvereinigung, Rechtsanwaltskammer Berlin und Deutscher Richterbund haben in einem gemeinsamen Appell ihre große Sorge um den Rechtsstaat in Israel und ihre Solidarität mit den Protestierenden bekundet.

21.09.2023Newsletter

Die israelische Regierung unter Präsident Benjamin Netanjahu verfolgt seit Anfang des Jahres Pläne zu einem tiefgreifenden Umbau des Justizsystems in Israel. Hierzu zählen unter anderem eine Beschneidung der Kompetenzen des Supreme Court und eine Umgestaltung der Richterwahl, die stärkere Einflüsse der Politik auf die Besetzung von Richterstellen ermöglichen soll.

Gegen diese Pläne protestierten seit Jahresbeginn kontinuierlich hunderttausende israelische Bürgerinnen und Bürger. Auch die BRAK hat wiederholt ihre Sorge um den Rechtsstaat in Israel zum Ausdruck gebracht und hat Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann um Intervention gebeten, zuletzt in einem Schreiben Mitte Juli.

Für den Herbst wurden eine Reihe weiterer Gesetzesinitiativen angekündigt, die sich gegen Institutionen des Rechtsstaates richten. Hierzu zählen die Gerichtsbarkeit, die Unabhängigkeit der Rechtsberater der Ministerien und der Regierung sowie die anwaltliche Selbstverwaltung, die aufgelöst werden soll, um stattdessen die Anwaltszulassung und -aufsicht bei einem staatlich gelenktem Gremium anzusiedeln.

Am 12.9.2023 begann die Verhandlung des israelischen Supreme Court über das Gesetz, mit dem die sog. „Angemessenheitsklausel“ abgeschafft werden soll. Bei diesem Gesetz handelt es sich um eines der Kernelemente des Justizumbaus. Es nimmt dem Supreme Court die Möglichkeit, Entscheidungen der Regierung oder von Ministerien als unangemessen zu bewerten. Die Prüfung durch den Supreme Court dauert noch an. Sie wird erneut von massiven Protesten gegen den Justizumbau begleitet.

Nicht nur die BRAK, sondern auch die Rechtsanwaltskammer Berlin, die Deutsch-Israelische Juristenvereinigung und der Deutsche Richterbund nahmen dies zum Anlass, den Plänen zum Justizumbau entschieden entgegen zu treten. Gemeinsam unterzeichneten die Organisationen einen Appell zum Erhalt der Rechtsstaatlichkeit Israels, den sie der israelischen Regierung zukommen lassen werden.

Darin äußern sie ihre große Sorge um den Fortbestand des Rechtsstaats und der Demokratie in Israel. Denn aus ihrer Sicht bedeuten die Pläne der Regierung eine Abkehr von rechtsstaatlichen Strukturen sowie eine faktische Abschaffung der Gewaltenteilung. Sie erklären sich solidarisch mit den Anwältinnen und Anwälten, den Richterinnen und Richtern, Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern in Israel, die gegen den von der Regierung beabsichtigten Umbau von Justiz und Verwaltung protestieren. Dem Appell haben sich bereits weitere Vereinigungen und Rechtsanwaltskammern angeschlossen, darunter auch der Deutsche Anwaltsverein und die Rechtsanwaltskammern Thüringen, Hamburg, Karlsruhe, Oldenburg und Sachsen.

Weiterführende Links:

Update (5.10.2023)

23 Organisationen bekräftigen Schulterschluss für Israel

Dem gemeinsamen Appell der juristischen Verbände, initiiert durch die Rechtsanwaltskammer Berlin, die Deutsch-Israelische Juristenvereinigung e.V., die Bundesrechtsanwaltskammer und den Deutschen Richterbund, haben sich 23 Organisationen angeschlossen, darunter der Deutsche Anwaltverein e. V., der Deutsche Juristinnenbund sowie zahlreiche regionale Rechtsanwaltskammern. Die vollständige Liste finden Sie hier.

Der Appell vereint damit die Anwaltschaft, Richterschaft und Staatsanwälte mit einer Stimme gegen den geplanten Justizumbau in Israel.

Auf Bitten der Israel Bar Association wurde der Appell in seiner englischen Version rechtzeitig zu den Verhandlungen vor dem Supreme Court of Israel zu den Justizreformen in Israel veröffentlicht und unterstützt damit öffentlichkeitswirksam den Protest der Israel Bar Association unter ihrem neuen Präsidenten Amit Becher.

Hintergrund:

Als Vertretung der deutschen Anwaltschaft setzt sich die BRAK – auch international – für den Aufbau und den Erhalt von rechtsstaatlichen Strukturen in ihren Partnerländern ein. Mit Israel, der Israel Bar Association und damit der israelischen Anwaltschaft, verbindet die BRAK eine langjährige und besondere Partnerschaft, die durch einen regelmäßigen und intensiven Austausch geprägt ist.

Gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung e.V. (DIJV) hat die BRAK die Justizreformen in Israel im Rahmen einer Online-Veranstaltung beleuchtet. Prof. Dr. Yoram Danziger, Rechtsanwalt und ehemaliger Richter des israelischen Supreme Court, erläuterte die Pläne zum Justizumbau und zeigte deren Brisanz und Tragweite auf. Das BRAK-Magazin und die DIJV berichten über die Veranstaltung.

In zwei Podcast-Folgen geben Elmar Esser, 1. Vorsitzender der DIJV, und BRAK-Vizepräsident André Haug Auskunft über die Pläne zum Justizumbau und die aktuellen Entwicklungen.