Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 9/2023

Gesetzentwurf sieht Einführung englischsprachiger Commercial Courts vor

Internationale Wirtschaftsstreitigkeiten sollen künftig vor englischsprachigen Spezialkammern und -senaten der Landgerichte und Oberlandesgerichte verhandelt werden. Das sieht ein Ende April vorgelegter Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vor.

03.05.2023Newsletter

Mit dem Ende April vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit will das Bundesministerium der Justiz den Justizstandort Deutschland stärken. Dazu soll den Ländern die Möglichkeit eröffnet werden, die Wirtschaftszivilsachen an den Landgerichten für die Gerichtssprache Englisch zu öffnen.

Außerdem sollen sie die Befugnis erhalten, einen Commercial Court an einem Oberlandesgericht oder einem Obersten Landesgericht einzurichten. Dabei handelt es sich um einen oder mehrere Zivilsenate, vor dem bzw. denen Wirtschaftszivilsachen ab einem Streitwert von 1 Mio. Euro erstinstanzlich geführt werden können, sofern sich die Parteien darauf verständigt haben. Die Commercial Courts sollen das Verfahren je nach Vereinbarung der Parteien entweder in deutscher oder in englischer Sprache führen können. Zudem soll die bereits aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannte Möglichkeit der Erstellung eines Wortprotokolls eröffnet werden.

Gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Commercial Courts soll die Revision zum Bundesgerichtshof eröffnet sein. Eine umfassende Verfahrensführung in der englischen Sprache soll - im Einvernehmen mit dem zuständigen Senat des BGH auch in der Revision möglich sein. Künftig sollen zudem sämtliche Parteien in zivilrechtlichen Verfahren die Möglichkeit erhalten, bei der Verhandlung über Geschäftsgeheimnisse die Öffentlichkeit auszuschließen und den Verfahrensgegner verstärkt zur Diskretion über die erlangten Erkenntnisse zu verpflichten.

Einen ähnlichen, inhaltlich mit dem nun vorliegenden Entwurf gleichgerichteten Anlauf hatte der Bundesrat bereits in der vergangenen Legislaturperiode unternommen. Er geht zurück auf eine Anregung der Justizministerkonferenz aus dem Jahr 2018. Der Gesetzentwurf war erst kurz vor Ende der 19. Legislaturperiode eingebracht worden und unterfiel der Diskontinuität. Im März 2022 brachten die Länder Nordrhein-Westfalen und Hamburg erneut einen Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Gerichte in Wirtschaftsstreitigkeiten in den Bundestag ein.

Den damaligen Entwurf hatte die BRAK im Grundsatz begrüßt, aber angemahnt, dass zunächst eruiert werden solle, ob mit Commercial Courts das Ziel einer Stärkung des Justizstandorts überhaupt erreichbar sei und welche Kosten für den Aufbau und Unterhalt solcher speziellen Spruchkörper anfielen.

Zu einem Eckpunktepapier des BMJ, auf dem der nunmehr vorgelegte Entwurf beruht, sowie zu dem erneut eingebrachten Länder-Entwurf hat sich die BRAK in einer Expertenanhörung des Bundestags-Rechtsausschusses ebenfalls positiv geäußert.

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