Überwachung anwaltlicher Beratungsgespräche verstößt gegen EMRK – EGMR
Der EGMR hat in der Rs. S. Demirtaş and F. Yüksekdağ und ihre Anwälte gegen die Türkei (10207/21, 10209/21) eine Verletzung von Art. 5 Abs. 4 der EMRK aufgrund der Überwachung anwaltlicher Beratungsgespräche mit ihren Mandanten festgestellt. Zudem war die Anwaltspost beschlagnahmt worden.
Im Fall ging es um zwei ehemalige Co-Vorsitzende der HDP-Partei, welche sich derzeit in Haft befinden. Diese klagten wegen mangelhafter anwaltlicher Beratung beim Vorgehen gegen ihre Untersuchungshaft, eben weil die Haftleitung ihre Treffen mit ihren Anwälten überwacht hätten und die Post beschlagnahmt worden sei. Art. 5 Abs. 4 schützt das Recht auf eine Entscheidung innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit einer Freiheitsentziehung. Der Gerichtshof stellte insbesondere fest, dass die nationalen Gerichte nicht dargelegt hätten, dass außergewöhnliche Umstände vorgelegen hätten, welche eine Ausnahme vom Grundprinzip der Vertraulichkeit anwaltlicher Gespräche mit ihren Mandanten gerechtfertigt hätten. Ferner hätten keine ausreichenden Garantien gegen Missbrauch vorgelegen.
Für die Entscheidung stimmten sechs, dagegen ein Richter.
Weiterführende Links:
- Pressemitteilung des EGMR (EN) (Juni 2023)
- Entscheidung des EGMR (FR) (Juni 2023)