Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers bei einer Ehescheidung – EuGH
Die Gerichtszuständigkeit für die Entscheidung über einen Eheauflösungsantrag hängt davon ab, dass der Antragsteller, der Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaates ist, den Nachweis erbringt, dass er seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor Einreichung seines Antrags einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedsstaat erlangt hat.
Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a sechster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und im Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 sind für Entscheidungen über Ehescheidungen die Gerichte der Mitgliedsstaaten zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und entweder Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedsstaats ist oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, dort sein „domicile“ hat.
Ein deutscher Staatsangehöriger schloss mit einer polnischen Staatsangehörigen die Ehe in Polen, wobei das Paar mit ihren Kindern 12 Jahre in Polen lebte. Nachdem er beim Amtsgericht Hamm ein Scheidungsverfahren anhängig machte, wurde sein Scheidungsantrag wegen der von der Ehegattin erhobenen Einrede der Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen. Die Sache gelangte zum BGH, der das Verfahren aussetzte und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte.
Die Begriffe „Aufenthalt“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ sind mangels einer Definition in der Verordnung unter Berücksichtigung des Wortlauts und der Ziele der Verordnung autonom und einheitlich auszulegen. Zwischen beiden Begriffen soll keine Unterscheidung vorgenommen werden. Art. 3 ist folglich so auszulegen, dass der Ehegatte, der sich auf diese Bestimmung berufen möchte, notwendig einen gewöhnlichen Aufenthalt im Mitgliedsstaat des angerufenen Gerichts ab Beginn des in dieser Bestimmung genannten Mindestzeitraums von sechs Monaten nachweisen muss.
Weiterführender Link:
- Urteil des EuGH (Juli 2023)