Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 17/2023

Verurteilung wegen Nutzung einer Messenger-App – EGMR

Der EGMR hat am 26. September 2023 in der Rs. Yüksel Yalçınkaya v. Türkiye (15669/20) entschieden, dass eine strafrechtliche Verurteilung, die im Wesentlichen auf die Nutzung einer bestimmten Messenger-App durch den Antragsteller gründet, gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), die Vereinigungsfreiheit (Art. 11 EMRK) und gegen den Grundsatz nulla poena sine lege (Art. 7 EMRK) verstößt.

28.09.2023Newsletter

Im Fall ging es um die Verurteilung eines ehemaligen Lehrers wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Organisation, konkret der FETÖ/PDY (sog. Gülen-Bewegung) in der Türkei. Seine Verurteilung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass er den Nachrichtendienst ByLock nutzte. Die nationalen Gerichte gingen davon aus, dass dieser ausschließlich für die Mitglieder der Organisation entwickelt worden sei. Der Gerichtshof urteilte, dass dies nicht in Einklang mit den nationalen Regeln über die Verurteilung wegen der Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung stehe. Ferner fordere Art. 7 EMRK effektive Garantien gegen eine willkürliche Strafverfolgung, Verurteilung und Bestrafung. Hinzu kamen Mängel im Verfahren gegen den Antragsteller. Es seien ca. 8500 Anträge auf ähnlicher Grundlage beim Gerichtshof eingegangen, die festgestellten Mängel systemischer Natur. Die Türkei müsse deswegen generelle Maßnahmen dagegen ergreifen.

Der Gerichtshof hielt es nicht für erforderlich, daneben eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 und 3 auf ein faires Verfahren und einen wirksamen Rechtsbeistand wegen Einschränkung der Verteidigerkommunikation zu prüfen.

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