Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 20/2024

Unverhältnismäßigkeit von Erfolgshonoraren – EGMR

Der EGMR urteilte am 12. November 2024 in der Rechtssache Associated Newspapers Limited gegen das Vereinigte Königreich, dass im Falle eines unverhältnismäßig hohen anwaltlichen Erfolgshonorars eine Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung vorliegt.

22.11.2024Newsletter

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit wurde die beklagte Associated Newspapers Limited als Herausgeberin der Daily Mail und der Mail on Sunday von den Klägern wegen Verletzung der Privatsphäre und/oder Verleumdung erfolgreich verklagt und zur umfangreichen Prozesskostentragung verpflichtet. Diese umfasste auch die Kosten des von einem der Kläger abgeschlossen anwaltlichen Erfolgshonorars (Conditional Fee Agreement, CFA), sowie den von beiden Klägern abgeschlossenen ATE-Versicherungsprämien (After The Event insurance, ATE) – entsprechend des Prozesskostenrechts auf sogenannter Schadensersatzbasis („indemnity basis“).

Diese umfassende Kostentragungspflicht befand der EGMR im konkreten Rechtsstreit mit Blick auf das CFA-Erfolgshonorar für unverhältnismäßig. Die grundsätzliche Zulässigkeit von Erfolgshonoraren betrachtet, verwies der EGMR auf nationale Rechtsvorschriften und den weiten Ermessensspielraum der Staaten. Zugleich erkannte er an, dass dem Erfolgshonorar das Ziel der Gewährleistung des Zugangs zum Recht zugrunde liegt.

Derart hohe anwaltliche Erfolgshonorare steigern jedoch das Prozesskostenrisiko auf Seiten des Kostenbelasteten immens und können im Ergebnis dazu führen, dass Medienunternehmen auf die Berichterstattung in Gänze verzichten. Hier sieht das Gericht einen Verstoß gegen Art. 10 EMRK. Mit Blick auf die ATE-Versicherungsprämien stellte der EGMR wiederum keine Unverhältnismäßigkeit fest und führte hierzu aus, dass die ATE-Versicherung im Gegensatz zum CFA nicht nur den Klägern, sondern auch dem erfolgreichen Beklagten Schutz bietet. Den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit im konkreten Fall betrachtet, so habe es keinerlei Anhaltspunkte gegeben, dass die Kläger bei Erfolgslosigkeit ihrer Klage hätten für die Kosten der Beklagten einstehen können. Der EGMR kam vor diesem Hintergrund zu dem Schluss, dass die konkrete CFA-Regelung den weiten Ermessensspielraum überschreitet.

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