Presseerklärung Nr. 5/2023

Israel: Regierung will Israel Bar Association abschaffen

BRAK ersucht Buschmann dringend um Intervention

18.07.2023Presseerklärung

Bereits im Februar hatte Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels, Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), Bundesjustizminister Marco Buschmann gebeten, anlässlich seiner Israelreise auf den israelischen Justizminister und die Regierungsvertreter einzuwirken. Nach Auffassung der BRAK war es dringend geboten, von den geplanten Justizreformen Abstand zu nehmen und den Dialog mit Vertretern der Anwaltschaft und der Justiz zu suchen.

Anlass für das Ersuchen waren Reformvorhaben, deren Umsetzung in eine faktische Aushöhlung, wenn nicht gar Abschaffung, der Gewaltenteilung münden würde. Justizminister Yariv Levin hatte einen Gesetzentwurf präsentiert, der unter anderem eine sogenannte „Überstimmungsklausel“ vorsieht, wonach Entscheidungen des Supreme Court mit einfacher Mehrheit des Parlaments außer Kraft gesetzt werden können. 

Die Verhandlungen zu den strittigen Plänen gestalteten sich schwierig. Nach einer kurzen Phase der Entspannung, in der der Justizumbau vorübergehend gestoppt wurde, erreichten die BRAK nun weitere besorgniserregende Nachrichten. Die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu plant die Auflösung der Israel Bar Association. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll bereits am 5. Juli in die Knesset eingebracht worden sein. Nach diesem Entwurf soll die Israel Bar Association durch einen Anwaltsrat ersetzt werden. Die Mitglieder des Anwaltsrates sowie deren Vorsitz sollen dabei zukünftig vom Justizministerium ernannt werden.

Ähnlich wie in Deutschland sind aktuell regionale Kammern für die Berufsaufsicht über Anwälte zuständig. Die Zulassung zur Anwaltschaft liegt allerdings in den Händen der Israel Bar Association. Der Gesetzesentwurf soll diese Struktur zerschlagen und den Abbau der Selbstverwaltung einleiten. Die Israel Bar Association protestiert gegen diesen Schritt und rief in den vergangenen Tagen mehrfach zu Demonstrationen auf. Diesem Aufruf sind große Teile der Rechtsanwaltschaft nachgekommen.

Die BRAK sah sich in der Verantwortung, an Buschmann heranzutreten und hat mit einem persönlichen Brief erneut um eine Intervention im Interesse der israelischen Anwaltschaft gebeten.

Würde dieses Gesetz wie geplant in der nächsten Wahlperiode zum Präsidenten der Israel Bar Association in Kraft treten, dann würden zukünftig die Zulassungen zur Rechtsanwaltschaft von einem durch das Justizministerium ernannten Gremium erfolgen.

Dies hält BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels für untragbar: „Die Freiheit und Unabhängigkeit des Anwaltsberufes wäre damit faktisch abgeschafft und eine Verstaatlichung der Anwaltschaft erzwungen. Eine freie und vor allem selbstverwaltete Anwaltschaft ist jedoch eine der Grundbedingungen für einen funktionierenden Rechtsstaat. Eine derartige anwaltsfeindliche Entwicklung in einem befreundeten Land geht uns alle an. Schweigend zuzusehen ist hier keine Option!“

Hintergrundinformationen

Als Vertretung der deutschen Anwaltschaft setzt sich die Bundesrechtsanwaltskammer – auch international – für den Aufbau und den Erhalt von rechtsstaatlichen Strukturen in ihren Partnerländern ein. Mit Israel, der Israel Bar Association und damit der israelischen Anwaltschaft, verbindet die BRAK eine langjährige und besondere Partnerschaft, die durch einen regelmäßigen und intensiven Austausch geprägt ist. Gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung e.V. hat die Bundesrechtsanwaltskammer die Justizreformen in Israel zum Anlass genommen, das Gespräch mit Prof. Dr. Yoram Danziger, Rechtsanwalt und ehemaligem Richter am Supreme Court of Israel, im Rahmen einer Online-Veranstaltung zu suchen. Prof. Dr. Danziger hat die Berichterstattung rund um den geplanten Justizumbau in Israel bestätigt und die Bedrohlichkeit der Lage in ihrem gesamten Umfang aufgezeigt. Das BRAK-Magazin und die DIJV berichten über die Veranstaltung.

Aus Anlass der aktuellen Entwicklungen in Israel hat die BRAK eine Podcast-Folge mit Rechtsanwalt Elmar Esser, 1. Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung e.V., aufgezeichnet. Im Rahmen einer zweiten Episode (Kurz & knackig: Live-update – What's up, Israel?) hat BRAK-Vizepräsident André Haug ein Update zu den Entwicklungen gegeben

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