Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 12/2023

BRAK begrüßt Einführung englischsprachiger Commercial Courts

Ein aktueller Gesetzentwurf sieht vor, dass internationale Wirtschaftsstreitigkeiten künftig vor englischsprachigen Spezialkammern und -senaten der Landgerichte und Oberlandesgerichte verhandelt werden sollen. Die BRAK hält das für richtig und sinnvoll, äußert aber auch Bedenken.

14.06.2023Newsletter

Mit dem im Mai vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz) will das Bundesjustizministerium den Ländern die Möglichkeit eröffnen, Wirtschaftszivilsachen an den Landgerichten für die Gerichtssprache Englisch zu öffnen und zudem an Oberlandesgerichten bzw. Obersten Landesgerichten sog. Commercial Courts einzurichten. Vor diesen sollen Wirtschaftszivilsachen ab einem Streitwert von einer Million Euro erstinstanzlich geführt werden können. Die Verfahren sollen in deutscher oder englischer Sprache geführt werden können und mit einem Wortlautprotokoll dokumentiert werden.

Diesen Vorschlag begrüßt die BRAK in ihrer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf. Sie sieht den Entwurf im Zusammenhang mit den Bestrebungen der Justizorganisationen, die Anwendung des deutschen Rechts auch im Ausland zu fördern, im Rahmen des „Bündnisses für das deutsche Recht“ und der gemeinsamen Kampagne „Law – Made in Germany“. An beiden ist die BRAK beteiligt.

Ihrer Ansicht nach legen die Ergebnisse des Abschlussberichts zum Forschungsvorhaben „Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten“ nahe, Spezialspruchkörper einzurichten. Im Vergleich zur Anwaltschaft häufig geringe Spezialisierung, häufige Richterwechsel und schleppende Verfahrensführung sind Faktoren, die Zivilprozesse unattraktiv machen und denen mit gut ausgestatteten Spezialspruchkörpern entgegengewirkt werden könne. Die anwaltliche Praxiserfahrung zeige, dass Landgerichte oftmals mit sog. Volumenverfahren personell überfordert seien. Daher bestehe auch ein tatsächlicher Bedarf für Commercial Courts, die für derartige Verfahren zuständig seien und damit auch die allgemeine Ziviljustiz entlasten.

Zu den einzelnen Regelungen des Entwurfs äußert die BRAK sich differenziert. Aufgrund der Komplexität der Verfahren begrüßt sie die Ansiedlung der Volumenverfahren bei den Oberlandesgerichten bzw. Obersten Landesgerichten, die Einführung einer zulassungsfreien Revision zum Bundesgerichtshof sowie den Ansatz, die Zuständigkeit der Commercial Courts vom Willen der Parteien abhängig zu machen.

Die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit der Landesregierungen, die Zuständigkeit der Commercial Courts auf bestimmte Rechtsgebiete oder auf Handelssachen i.S.v. § 95 GVG zu begrenzen, lehnt die BRAK hingegen ab. Auch Kartellsachen oder große Regresssachen gegen Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfungskanzleien wie etwa bei den Wirecard- oder Cum Ex-Fällen müssten aus ihrer Sicht vor die Commercial Courts gelangen können. Auch die geplante Einführung eines während der Verhandlung bzw. Beweisaufnahme für die Parteien mitlesbaren Wortprotokolls begrüßt die BRAK, äußert jedoch Zweifel an Umsetzbarkeit und Kosten.

Skepsis äußert die BRAK, ob ein möglichst früher Organisationstermin zielführend sei. Die Verfahren müssten zumindest bis zu einem gewissen Grad gediehen sein, damit ein Organisationstermin Sinn mache. Zudem müsse Richterinnen und Richtern ein effektives Verfahrensmanagement ermöglicht werden; dazu benötigten sie Zeit, um sich bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung mit den Sachen zu befassen.

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