Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 6/2024

Untersuchungshaft gestützt auf Nutzung einer Messenger-App verstößt gegen EMRK – EGMR

Der EGMR hat im Fall der Anordnung einer Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in der Rs. Pardilak v. Türkiye (66375/17) einen Verstoß gegen Art. 5 und Art. 10 EMRK festgestellt. Das Gericht verurteilte die Türkei am 19. März 2024 zur Zahlung von 22.000 Euro Schmerzensgeld an die Beschwerdeführerin.

28.03.2024Newsletter

Die türkische Journalistin, Ayşenur Parıldak, war im August 2016 festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht worden. Sie hatte zuvor für die Zeitung „Zaman“ gearbeitet, welche vor deren Verbot im Juli 2016 als Hauptveröffentlichungsmedium der „Gülenist“-Bewegung angesehen wurde.

Parıldak wurde aufgrund der Nutzung der verschlüsselten Messenger-App ByLock, ihrer Beiträge in sozialen Medien und aufgrund einer privaten Korrespondenz mit dem Besitzer des „futavni“ Kontos auf Twitter der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verdächtigt, namentlich der sog. Gülen-Bewegung. Die von ihr gegen die Untersuchungshaft eingelegten Rechtsmittel wurden wiederholt abgelehnt. 2022 kam die Journalistin frei, nachdem sie eine Gefängnisstrafe verbüßt hatte.

Bereits im September 2023 urteilte der EGMR, dass eine Verurteilung, die im Wesentlichen auf die Nutzung eines bestimmten Messenger-Dienstes gestützt wird, gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), den Grundsatz nulla poena sine lege (Art. 7 EMRK) sowie die Vereinigungsfreiheit (Art. 11 EMRK) verstößt. Am 19. März 2024 stellte der EGMR fest, dass die Anordnung der Untersuchungshaft für die türkische Journalistin auf Grundlage der bloßen Nutzung der Messenger-App einen Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5 EMRK) und das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 10 EMRK) darstellt. Das Gericht verurteilte die Türkei deshalb zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 22.000 Euro.

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