Nachrichten aus Brüssel

Ausgabe 20/2018 vom 13.12.2018

13.12.2018Newsletter

Zivilrecht

Richtlinienvorschlag für Verbandsklagen – Bericht des JURI

Der für den Richtlinienvorschlag über Verbandsklagen zum Schutz von Kollektivinteressen der Verbraucher federführende Rechtsausschuss des EP (JURI) hat am 6. Dezember 2018 den Berichtsentwurf von Berichterstatter Geoffroy Didier (EVP, Frankreich) angenommen. Es soll eine Mindestharmonisierung angestrebt werden, d.h. dass die einzelnen Mitgliedstaaten über die im Richtlinienvorschlag enthaltenen Regelungen zugunsten der Verbraucher hinausgehen können. Es werden strengere Kriterien für die sog. qualifizierten Einrichtungen vorgesehen. Diese betreffen Forderungen zur finanziellen und personellen Unabhängigkeit, zur internen Beilegung von Interessenkonflikten und zur Offenlegung ihrer Organisations- und Managementstruktur sowie ihrer Ziele und Arbeitsmethoden. Die von der Kommission vorgesehene ad hoc Benennung von qualifizierten Einrichtungen soll gestrichen werden. Rechtsanwälte selbst sollen weiterhin nicht klageberechtigt sein und die Abgeordneten fordern explizit, dass diese auch keine qualifizierten Einrichtungen gründen können. Die qualifizierten Einrichtungen sollen auf Unterlassung sowie Abhilfemaßnahmen wie z.B. Schadensersatz klagen können, die Feststellung einer Rechtsverletzung soll dagegen nicht erwirkt werden können. Damit gehen die Vorschläge im Hinblick auf die Klagemöglichkeiten sehr viel weiter als die am 1. November 2018 in Deutschland in Kraft getretene Musterfeststellungsklage. Die BRAK hatte sich in ihrer Stellungnahme gegen die Möglichkeit solcher Leistungsklagen ausgesprochen. Positiv zu bewerten ist die vorgeschlagene Streichung einer Klagemöglichkeit betreffend Bagatellschäden, die eine Entschädigung nicht zugunsten der einzelnen Verbraucher, sondern zugunsten eines öffentlichen Zwecks vorsah. Eine solche Regelung hatte auch die BRAK bereits in ihrer Stellungnahme vom September 2018 sehr kritisch gesehen. Den Mitgliedstaaten soll es überlassen bleiben, ob sie ein Mandat der einzelnen Verbraucher fordern (sog. Opt-In). Wenn ein Mitgliedstaat sich gegen ein solches Opt-In-Modell entscheiden sollte, muss er ein Mandat jedoch für die nicht im Mitgliedstaat wohnhaften Verbraucher vorsehen. Gefordert wird zudem die Festschreibung einer Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei und der Ausschluss eines Strafschadensersatzes. Auch sollen Erfolgshonorare vermieden werden. Grundsätzlich positiv zu bewerten ist die nunmehr vorgeschlagene Erstreckung der Bindungswirkung von Vergleichen auf alle Betroffenen (vorbehaltlich weiterer z.B. nationaler Rechtsbehelfsmöglichkeiten); der Kommissionsvorschlag sieht bisher vor, dass jeder einzelne Verbraucher entscheiden kann, ob er einen Vergleich annehmen will oder nicht.

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Richtlinienvorschlag zum Warenhandel – Allgemeine Ausrichtung des Rats

Am 7. Dezember 2018 hat der Rat der EU seinen Standpunkt (Allgemeine Ausrichtung) zum Richtlinienvorschlag über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels angenommen. Die Regelungsvorschläge bauen inhaltlich auf der geltenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auf, unterscheiden sich aber in zwei wesentlichen Punkten von dieser. So soll zum einen nur eine punktuelle Harmonisierung bestimmter verbraucherschützender Elemente des Vertragsrechts erfolgen, vor allem Beweislastregeln, Anforderungen an die Vertragsgemäßheit und Gewährleistungsrechte. Zum anderen wird in diesen ausgewählten Bereichen keine bloße Mindestharmonisierung, sondern eine Vollharmonisierung angestrebt. In Bezug auf einige Aspekte sieht der Standpunkt des Rates einen gewissen Spielraum für die EU-Länder vor, über die Anforderungen hinauszugehen, um insbesondere das bereits auf nationaler Ebene angewandte Verbraucherschutzniveau zu erhalten. Dies soll insbesondere bei Fristen zur Gewährleistung und zur Beweislast gelten. Während der Richtlinienvorschlag eine Gewährleistungsfrist von mindestens zwei Jahren vorsieht, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften darüber hinausgehen können. Bei der Beweislast will der Rat den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Frage geben, ab welchem Zeitpunkt nach der Lieferung der Ware davon ausgegangen wird, dass die Nichtkonformität zum Zeitpunkt der Lieferung bestand, ohne dass der Verbraucher sie nachweisen muss. Er fordert insofern eine mögliche Frist von zwei Jahren statt einem Jahr. Die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme davor gewarnt, dass bei gebrauchten Gütern eine Verlängerung der Beweislastumkehrfrist und der Gewährleistungsfrist dazu führen könnte, dass noch mehr gebrauchte Güter dem Verkauf durch Händler entzogen werden und sich insofern für eine Beschränkung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr und der Beweislastumkehrfrist auf sechs Monate ausgesprochen. Nach dem Rat sollen Waren mit digitalen Elementen (z.B. sogenannte intelligente Kühlschränke oder verbundene Uhren) nur unter diesen Richtlinienvorschlag fallen und nicht unter den Richtlinienvorschlag über bestimmte Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte. Was die möglichen Rechtsbehelfe für einen Verbraucher bei Nichteinhaltung der Konformität der Ware anbelangt, so hat der Rat die Liste der möglichen Rechtsbehelfe aus dem Kommissionsvorschlag übernommen (d.h. Reparatur, Austausch, Preissenkung oder Kündigung des Vertrags) und sich darauf geeinigt, keine strenge Hierarchie der Rechtsbehelfe vorzuschreiben. Diese Rechtsbehelfe sind jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft. Darüber hinaus soll eine Verpflichtung des Verkäufers gelten, unter bestimmten Bedingungen eine Reparatur vorzuschlagen.

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Digitaler Binnenmarkt

Neue Standards für Transparenz und Fairness für Online-Plattformen

Am 6.Dezember 2018 hat der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EP (IMCO) seinen Bericht zum Verordnungsvorschlag für neue Standards für Transparenz und Fairness für Online-Plattformen angenommen.  Ziel ist es, kleinen Unternehmen ein Sicherheitsnetz in der digitalen Wirtschaft zu bieten und für mehr Transparenz sowie eine wirksamere Streitbeilegung zu sorgen. Die Abgeordneten fordern in dem Bericht, dass die Verordnung auch auf App-Stores und soziale Medien Anwendung findet sowie auf Preisvergleichsplattformen. Sie fordern unter anderem, dass die Onlineanbieter innerhalb von bestimmten Fristen erklären müssen, warum sie bestimmte Güter oder Leistungen von der Plattform entfernt haben. Ebenso müssen sie offenlegen, welche Parameter für das Ranking von Ergebnissen verwendet werden und ob das Ranking von Ergebnissen durch direkte oder indirekte Zahlungen beeinflusst wurde. Auch sollen die Anbieter ab einer bestimmten Größe ein internes Beschwerdesystem einrichten.

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Mitteilung der Kommission zur Förderung der künstlichen Intelligenz (KI)

Am 7. Dezember 2018 hat die Europäische Kommission einen gemeinsam mit den Mitgliedstaaten ausgearbeiteten koordinierten Plan vorgelegt, mit dem die Entwicklung und Nutzung der KI in Europa gefördert werden soll. Der Plan sieht vier Hauptpunkte vor, in denen die Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten wollen. Dies sind die Steigerung der Investitionen, die Erleichterung der Verfügbarkeit von Daten, die Förderung von Talenten sowie die Vertrauensbildung. So haben die Mitgliedstaaten beschlossen insbesondere bezüglich der Daten im Bereich des Gesundheitswesens enger zusammenzuarbeiten, um Diagnosen und Behandlungen von schweren Krankheiten zu verbessern. Zudem sollen mehr Synergien bei Investitionen geschaffen werden, um bis 2020 ein Investitionsvolumen von über 20 Mrd. Euro in KI zu erreichen. Außerdem sollen die Hochschulen dabei unterstützt werden fortgeschrittene Studiengänge im Bereich KI anzubieten und Stipendien hierfür zu Verfügung zu stellen.

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Ethische Charter für künstliche Intelligenz (KI)

Am 4. Dezember 2018 hat die Kommission für die Effizienz der Justiz (CEPEJ) des Europarats eine Charta zur Verwendung von Künstlicher Intelligenz in Justizsystemen angenommen. Diese legt fünf Hauptprinzipien fest, die bei der Verwendung von KI in Justizsystemen beachtet werden müssen. Hierbei handelt es sich erstens um den Respekt der Grundrechte, zweitens das Prinzip der Gleichbehandlung, drittens die Gewährleistung von Qualität und Sicherheit, viertens die Schaffung von Transparenz, Unparteilichkeit und Fairness und fünftens eine adäquate Nutzerkontrolle. Die Charter beschäftigt sich auch in ihrem Anhang mit dem derzeitigen Einsatz von KI in der EU sowie wie diese unter Beachtung der oben aufgeführten Prinzipien gefördert werden können. Hierbei wird beispielsweise auf die Möglichkeit den Zugang zum Recht durch Chatbots zu erleichtern eingegangen, sowie auf die Möglichkeit Streitbeilegungen online durchzuführen.

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Strafrecht

Bekämpfung von Cyberkriminalität - Einigung im Trilog

Am 11. Dezember 2018 haben sich das EP und der Rat der EU über den Kommissionsvorschlag zur Bekämpfung von Cyberkriminalität geeinigt.

Der Vorschlag zielt darauf ab, die Vorschriften zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln wie Bankkarten, Schecks, mobilen Zahlungen und virtuellen Währungen zu verschärfen. Über derartige Straftaten werden häufig kriminelle Aktivitäten wie Terrorismus, oder Drogen- und Menschenhandel finanziert. Der Vorschlag enthält zusätzliche Möglichkeiten für die Mitgliedsstaaten, Cyberkriminelle abzuschrecken, zu verfolgen und zu bestrafen.

Neu sind eine größere Bandbreite der Straftatbestände, eine Harmonisierung der Vorschriften für das Strafmaß, besserer Opferschutz durch besseren Zugang zu Informationen, Beratung und Unterstützung für Opfer, mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine bessere Berichterstattung durch Informationen der Finanzinstitute an die Strafverfolgungsbehörden. Dadurch soll ein Vorgehen gegen Cyberbetrüger verbessert, und die Bevölkerung effektiver geschützt werden.

Hintergrund sind die technischen Entwicklungen, die zu erheblichen Veränderungen im Bereich von bargeldlosen Zahlungen und damit zu einem Anstieg beim Online-Betrug geführt haben. Die bestehende Gesetzgebung ist nun nicht mehr zeitgemäß. Der Text muss noch formell vom EP und dem Rat angenommen werden, bevor er im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird.

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Anti-Geldwäsche-Aktionsplan des Rates der Europäischen Union

Der Rat der EU hat Schlussfolgerunen zu einem Aktionsplan für eine bessere Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angenommen. Dabei geht es um kurzfristige, nichtgesetzgeberische Maßnahmen zur Erreichung von acht zentralen Zielen, darunter die Ermittlung der Faktoren, die zu den jüngsten Fällen von Geldwäsche in EU-Banken beigetragen haben, um mögliche zusätzliche mittel- und langfristige Maßnahmen besser zu fundieren. Es sollen auch einschlägige Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und Aufsichtsverfahren aufgelistet werden und Informationen zwischen Behörden ausgetauscht werden, um deren Zusammenarbeit zu verbessern.

Seit 2015 wurden die EU-Vorschriften auf diesem Gebiet erheblich verschärft. Nach zwei aufeinanderfolgenden Reformen wurde im April 2018 die fünfte und somit jüngste Fassung der Anti-Geldwäsche-Richtlinie verabschiedet, die bis Januar 2020 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Im September hat die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag zur besseren Überwachung der Finanzinstitute der EU vorgelegt, der derzeit im Rat erörtert wird.

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Gesellschaftsrecht

Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht – Allgemeine Ausrichtung des Rats

Am 5. Dezember 2018 hat sich der Rat der EU zu dem im April als Teil des Gesellschaftsrechtspakets veröffentlichten Richtlinienvorschlag im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht auf seinen Standpunkt (Allgemeine Ausrichtung) geeinigt. Unternehmen soll mit dem Richtlinienvorschlag ermöglicht werden, Gesellschaften mit beschränkter Haftung vollumfänglich online einzutragen, neue Niederlassungen online zu gründen und Dokumente für Unternehmen und deren Mitarbeiter online einzureichen. Bei einem konkreten Verdacht eines Identitätsbetrugs soll jedoch eine physische Präsenz der Gesellschaftsgründer notwendig sein. Nach dem „nur einmal“- Prinzip muss ein Unternehmen die gleichen Informationen den Behörden nur einmal übermitteln. Die eingereichten Dokumente werden in den nationalen Registern in maschinenlesbarer und durchsuchbarer Form gespeichert und ausgetauscht. Informationen zu Gesellschaften werden online kostenfrei abrufbar sein. Der Rat befürwortet eine Beteiligung von Notaren oder Rechtsanwälten, und zwar nicht nur bei der Übermittlung der Registrierung, sondern beim gesamten Gründungsprozess, solange der Grundsatz der online-Durchführung gewahrt bleibt. Vorgesehen ist auch ein Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über disqualifizierte Geschäftsführer, wobei der Rat nunmehr vorschlägt, dass die Mitgliedstaaten nur Auskünfte über eine Person erteilen müssen, die in einem anderen Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit ihren eigenen nationalen Rechtsvorschriften die Aufnahme als Geschäftsführer beantragt. Darüber hinaus sollen sich diese Informationen auf die Feststellung beschränken, dass diese Person in einem für den Ausschluss relevanten nationalen Register eingetragen ist (oder nicht), während der mögliche Austausch weiterer Informationen vollständig den nationalen Rechtsvorschriften überlassen bleibt. Hierzu werden auch Konkretisierungen zum Schutz entsprechender personenbezogener Daten vorgesehen.

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Steuerrecht

EuGH: Absetzbarkeit von Altersvorsorgebeiträgen

Der EuGH hat am 06. Dezember 2018 entschieden, dass Rechtsanwälte, die in Deutschland zugelassen sind und im EU-Ausland leben, ihre Pflichtbeiträge an das Rechtsanwaltsversorgungswerk als Sonderausgaben von der deutschen Einkommenssteuer absetzen dürfen. Dies gilt allerdings nicht für freiwillige und private Vorsorgezahlungen (C-480/17).

Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist deutscher Rechtsanwalt, der auch in Belgien als europäischer Anwalt zugelassen ist und dort wohnt. Als Partner einer international tätigen Anwaltskanzlei werden seine Einkünfte steuerrechtlich verschiedenen Staaten zugeordnet. Als deutscher Rechtsanwalt ist der Kläger auch automatisch Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte. Das Finanzamt Köln Mitte hatte die Anrechenbarkeit der Vorsorgezahlungen des Klägers abgelehnt. Die Beiträge des Klägers an das Versorgungswerk setzten sich aus Pflichtbeiträgen sowie darüber hinaus gehende freiwillig geleistete Zahlungen zusammen. Außerdem leistete der Kläger Beiträge an eine private Rentenversicherung in Deutschland. Der EuGH hatte auf Vorlage des Finanzgerichts Köln darüber zu entscheiden, ob die Anrechnung von Vorsorgezahlungen als Sonderzahlungen für einen deutschen Anwalt im EU-Ausland mit Blick auf die europäische Niederlassungsfreiheit grundsätzlich möglich ist. Er kommt zu dem Schluss, dass eine gebietsfremde, in einem Mitgliedsstaat beschränkt steuerpflichtige Person, die dort zur Einkommensteuer veranlagt wird, gleichbehandelt werden muss, wie eine gebietsansässige, unbeschränkt steuerpflichtige Person, soweit es sich um Pflichtbeiträge handelt. Etwas anderes gilt hingegen für freiwillige Beiträge sowohl in das Versorgungswerk als auch in die private Rentenversicherung. Dort sei eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zulässig. Die Richter begründen dieses damit, dass eine freiwillige Zusatzversorgung freiwillig ist und nicht im direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit als Rechtsanwalt steht.

Ferner gab der EuGH dem Finanzgericht Köln auf, zu prüfen, ob das Interesse der Allgemeinheit dazu berechtige, die Anrechenbarkeit der Pflichtbeiträge doch abzulehnen, zum Beispiel, wenn die Gefahr der Mehrfachbegünstigung besteht.

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Familienrecht

Überarbeitung der Brüssel-IIa-Verordnung – Allgemeine Ausrichtung des Rats

Am 7. Dezember 2018 hat der Rat seinen Standpunkt zum Vorschlag zur Neufassung der sog. Brüssel-IIa-Verordnung festgelegt.  Mit der Neufassung sollen ein besserer Schutz von Kindern erreicht, noch bestehende Hindernisse für den freien Verkehr von gerichtlichen Entscheidungen in grenzüberschreitenden Familiensachen ausgeräumt und Verfahren einfacher und effizienter gestaltet werden. Außerdem sollen Entscheidungen schneller vollstreckt werden können.

Der Rat spricht sich für eine Abschaffung des Exequaturverfahrens für alle Entscheidungen in Verfahren aus, die die elterliche Verantwortung betreffen. Vollstreckbare Entscheidungen sollen insofern in jedem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar sein, ohne dass eine Vollstreckbarkeitserklärung erforderlich ist. Das hatte auch die BRAK in ihrer Stellungnahme vom August 2016 für sinnvoll erachtet. Eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung soll aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Unvereinbarkeit, nicht erfolgter wirksamer Zustellung im Fall des Nichterscheinens, fehlender Anhörung der Träger der elterlichen Verantwortung und des Kindes und aufgrund der Nichteinhaltung des Konsultationsverfahrens bei grenzüberschreitender Unterbringung erfolgen können. Weiterhin sollen verbesserte und klarere Regeln für Fälle von Kindesentführung innerhalb der EU geschaffen werden, beispielsweise durch die Einführung klarer Fristen. Es soll eine Verpflichtung eingeführt werden, dem Kind eine echte und wirksame Möglichkeit zur Meinungsäußerung zu geben, sowie klarere Bestimmungen über die Unterbringung eines Kindes in einem anderen Mitgliedstaat (ausgenommen ist die Unterbringung bei den Eltern). Da das Vollstreckungsverfahren weiterhin dem Recht des Vollstreckungsstaats unterliegen soll, soll die Verordnung einige harmonisierte Gründe für die Aussetzung oder Verweigerung der Vollstreckung enthalten. Aufgrund der immer größer werdenden Zahl an außergerichtlichen Vereinbarungen (z.B. Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, elterliche Verantwortung) sieht der Rat auch ein Bedürfnis, dass diesbezügliche öffentliche Urkunden und Vereinbarungen zugänglicher werden. Voraussetzung hierfür soll sein, dass eine Behörde entsprechend der jeweiligen nationalen Regelung die öffentliche Urkunde oder Vereinbarung förmlich errichtet oder registriert hat.

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Brexit

EUGH - Einseitige Rücknahme der Austrittserklärung nach Art. 50 AEUV möglich

Am 11. Dezember 2018 hat der EuGH in der Rechtssache Wightman ua. (C-621/18) entschieden, dass die Mitteilung der Absicht aus der Union auszutreten, in Übereinstimmung mit Art. 50 einseitig unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden kann. Es schließt sich damit im Wesentlichen den Schlussanträgen des Generalanwalts Manuel Campos Sánchez-Bordona an, die wenige Tage zuvor veröffentlicht wurden.

Der Gerichtshof wurde vom schottischen Court of Session auf Antrag von mehreren britischen Abgeordneten in dieser Sache angerufen. Den Abgeordneten ging es um die Klärung der Frage, ob es neben einem Brexit mit parlamentarisch bestätigtem Austrittsvertrag und einem harten Brexit ohne Vertrag, auch die Möglichkeit der einseitigen Rücknahme der Brexit-Entscheidung gäbe. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hielt bereits die Vorlagefrage für unzulässig, da sie hypothetischen und rein theoretischen Charakter habe.

Der Gerichtshof erachtet die Vorlagefrage als zulässig, da sie eine praktische Bedeutung für das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten hat und für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die einseitige Rücknahme muss demnach möglich sein, unter anderem da sie Teil des Verfahrens zur Austrittsentscheidung im ersten Teil von Art 50 EUV ist, welches alleine von der souveränen Entscheidung des austrittswilligen Staates bestimmt wird, im Gegensatz zum zweiten Teil des Artikels, in dem es um das Austrittsverfahren geht. Außerdem muss der Staat lediglich seine „Absicht“, und nicht seinen Beschluss, auszutreten, äußern. Eine Absicht ist begriffsnotwendigerweise nicht endgültig oder unwiderruflich.  Zudem führt die gegenteilige Ansicht dazu, dass der Staat indirekt zum Austritt aus der Union gezwungen würde. Die Voraussetzungen der Rücknahme ergeben sich aus den Voraussetzungen des Austrittsbeschlusses. Diese sind die förmliche Mitteilung an den Europäischen Rat, die Einhaltung der nationalen verfassungsrechtlichen Vorschriften und eine Frist von zwei Jahren ab Mitteilung der Austrittsabsicht bzw. bis zum Abschluss eines Austrittsvertrages. Anders als in den Schlussanträgen des Generalanwalts, die diesbezüglich unklar sind, hält der Gerichtshof fest, dass das Recht auch bei Verlängerung der Frist des Art 50 EUV fortbesteht.

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Sonstiges

In eigener Sache - Weihnachtspause

Die nächste Ausgabe der Nachrichten aus Brüssel erscheint nach den Weihnachtsferien im Januar 2019.

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Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)
Büro Brüssel, Avenue de Nerviens 85/9, 1040 Brüssel,
Tel.: +32 (0)2 743 86 46, Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl(at)brak(dot)eu
Redaktion und Bearbeitung:
RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., RAin Svenja Büttner, Ass. Jur. Astrid Gamisch LL.M., Natalie Barth
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