Stellungnahme der BRAK Nr. 27/2023

Eckpunktepapier des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mit seinem Eckpunktepapier zum "Gesetz gegen digitale Gewalt" im April 2023 einen ersten Vorschlag veröffentlicht, um die Rechtsdurchsetzung für Betroffene sogenannter „digitaler Gewalt" zu verbessern. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) nimmt dazu Stellung.

 

15.06.2023 | Das Eckpunktepapier enthält begrüßenswerte Reformmaßnahmen, die die Situation von Betroffenen stärken können. Gemeinsam mit dem Digital Services Act könnte ein solches Gesetz gegen Digitale Gewalt zu mehr Gerechtigkeit im digitalen Raum führen. Denn die Auffassung des BMJ, dass die Bekämpfung digitaler Gewalt ein wichtiges gesellschaftliches Ziel darstellt, wird von der BRAK uneingeschränkt geteilt.

Gegen Hass, Hetze und Bedrohungen im Netz müssen sowohl ein materiell-rechtlicher Anspruch konstituiert als auch ein effektives Verfahren zu seiner Durchsetzung zur Verfügung gestellt werden.

Gleichzeitig müssen aber auch die Verhältnismäßigkeit und rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben. Dementsprechend besteht im Einzelnen noch Ergänzungs- und Klarstellungsbedarf, um die Durchschlagskraft dieses neuen Gesetzes noch weiter zu erhöhen. Die Stellungnahme wurde durch die Mitglieder der AG Sicherung des Rechtsstaates sowie der Ausschüsse ZPO/GVG, Strafprozessrecht, IT-Recht und Datenschutzrecht erarbeitet.

Aus Sicht der BRAK sind zwei Punkte besonders zu berücksichtigen:

Die Möglichkeit erweiterte Auskunftsrechte im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens geltend zu machen, darf keinesfalls zu einer Vorratsdatenspeicherung, also dem anlasslosen Speichern von massenhaft Daten, über Umwege führen. Dies wäre rechtsstaatlich höchst bedenklich und scheint derzeit auch nicht beabsichtigt zu sein. Rein vorsorglich weist die BRAK darauf hin, dass Daten von Berufsgeheimnisträgern frühzeitig ausgesondert werden müssten.

Betroffene digitaler Gewalt haben regelmäßig keine Kenntnis über die ihnen zustehenden Rechte. Beratungsstellen sollten daher ausgebaut und besser finanziell ausgestattet werden. Die Anwaltschaft kann bei der Rechtsberatung einen entscheidenden Beitrag leisten: Spezielle staatliche Beratungshilfen für Betroffene mit anwaltlicher Beratung könnten den Rechtszugang erleichtern. Der Ausbau von Beratungsstellen ist zu fördern, um das Bewusstsein Betroffener für die ihnen zustehenden Rechte zu erhöhen. So hat der Abschlussbericht zum Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten bestätigt, dass gerade Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte den Bürgerinnen und Bürgern Zugang zum Recht verschaffen und insbesondere qualifiziert und professionell beraten.